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Landeshauptstadt: Engel zugeflogen

Deckenmedaillons in der Kirche Groß Glienicke erhielten frische Farbe / Neues Gemeindezentrum im Bau

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Gross Glienicke - Eines Tages war dem Pfarrer der Himmel auf den Kopf gefallen. Während der Predigt. Bernhard Schmidt stand auf der Kanzel, als sich Putzbrocken aus dem 300 Jahre alten Tonnengewölbe lösten und auf ihn und die Gemeinde niederprasselten. „Ich nahm an, dass der Schaden mit einer normalen Renovierung schnell zu beheben sei“, erinnert sich der Pfarrer aus Groß Glienicke. Als allerdings die Fachleute den Schwamm im Gebälk entdeckten, war klar, dass aufwendig saniert werden muss.

Das war vor fünf Jahren. Inzwischen hat die Dorfkirche ein neues Dach bekommen – für einen Gesamtpreis von zirka 250 000 Euro. Die Summe hätten sich Kirche und Land geteilt. Auch das Gewölbe mit seinen drei von Stuckgebinden eingefassten Deckenmedaillons seien jetzt fertig. In dieser Wochen fallen die Gerüste im Kircheninnern. Bei einem Konzert des achtstimmigen Vokalensembles „vox consort berlin“ am Sonnabend um 16 Uhr seien die „Deckenschönheiten“ bereits zu bewundern; mit einem Festgottesdienst werde der Kirchenhimmel, den ausschließlich Handwerker aus der Region herrichteten, dann am kommenden Sonntag, dem 29. Oktober, um 10.30 Uhr feierlich eingeweiht.

Die Decke sei noch Anfang dieses Jahres in einem „grauenhaften Zustand“ gewesen, erzählt Pfarrer Schmidt. Im 19. und 20. Jahrhundert sei das Gewölbe mehrfach übermalt worden, zuletzt „in Knallgelb“. Der ursprüngliche Anstrich war aber zartrosa, das nun wieder aufgebracht werden konnte. Die Decke mit Zierwerk habe insgesamt 60 000 Euro gekostet. Unterstützt wurde die Maßnahme durch Zuwendungen von der Landeskirche Berlin-Brandenburg, dem Kirchenkreis Falkensee, der Stiftung KiBa und der Hoffmann-Stiftung aus Hamburg. Aber auch die Groß Glienicker stellten einen Eigenanteil von insgesamt 20 000 Euro. Das Geld käme von den 800 Gemeindegliedern und anderen Bürgern sowie dem Förderverein Dorfkirche Groß Glienicke. Im Spätsommer noch hatte es fast so ausgesehen, als könne man nicht alle drei Stuckmedaillons fertigstellen – aus Kostengründen. Im Ortsblatt hatte Pfarrer Schmidt dann „ein bisschen Druck gemacht“ und bedauert, dass das Geld nicht ganz reiche: „Es sei denn, es fliegen uns noch ein paar Engel mit Spenden in Höhe von insgesamt 3000 Euro zu.“ Sie flogen. Die Engel im Deckenschmuck bekamen rosige Gesichtchen, goldgelbes Haar und ihre Flügel einen neuen Anstrich. „Heilig, heilig, heilig ist Gott der Herr“ kann der Betrachter im großen Oval lesen. Die gut 3500 Groß Glienicker, so scheint es, geben gerne und hängen an ihrer Dorfkirche.

So interpretiert Bernhard Schmidt auch das jüngste Votum des Ortsbeirates zu seinem nächsten Bauprojekt. Mit fast einstimmigem Ergebnis sprachen sich die Gemeindevertreter in ihrer Sitzung Mitte vergangener Woche für den Verkauf und den Umbau des „Weberschen Bauernhauses“ und der angrenzenden Remise zu Pfarramt und Gemeindezentrum aus. Man wolle „als Anwalt der Tradition die gebäude retten und als älteste Körperschaft im Ort und als ein geistig-moralisches Zentrum“ wieder in die Mitte des Dorfes rücken, nennt der baufreudige Pfarrer die Motive. Dem Projekt müsse allerdings noch die Kommunalaufsicht des Landes zustimmen.

Die Zeit drängt. Damit die Gemeinde die Immobilie an der Dorfstraße mit knapp 900 Quadratmetern Grundfläche, dem Weberhaus von 1890 und der später angebauten Remise erwerben konnte, musste zunächst das alte Pfarrhaus veräußert werden. Ein Privatmann habe das Objekt in der Bergstraße 13 vor kurzem gekauft und wolle im Frühjahr kommenden Jahres schon einziehen. Bis dahin also müssen die Sanierungsarbeiten, die mit einem Gesamtvolumen von rund 350 000 Euro zu Buche schlagen, weitestgehend abgeschlossen sein. Bisher seien die Gebäude – die seit 1945 als Sitz des Rates der Gemeinde, Polizeidienststelle und Post genutzt wurden – entrümpelt worden. Bis zum Wintereinbruch, sagt Schmidt, müssten beide Häuser zumindest ein neues Dach bekommen, damit mit dem Innenausbau fortgefahren werden kann. Für 70 000 Euro hatte das Ensemble an der Dorfstraße seinen Besitzer gewechselt. An den Vorzugspreis sei aber eine Bedingung geknüpft: Das Areal müsse immer dem Gemeinwohl dienen.

Nicola Klusemann

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