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Von Henri Kramer: Enormer Aufwand nach Korruptionsfall

Potsdamer Stadtverwaltung prüft unbekannte Zahl von Behördenbescheiden aus Ausländeramt

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Die Aufarbeitung der Bestechungsvorwürfe gegen einen früheren Mitarbeiter der Potsdamer Ausländerbehörde gestaltet sich langwierig. So wird beispielsweise jede Aufenthaltsgenehmigung, die möglicherweise über den Tisch des verdächtigen Sachbearbeiters Michael E. gegangen ist, neu geprüft, jede Akte nach Unstimmigkeiten untersucht. Die für das Ausländeramt zuständige Sozialbeigeordnete Elona Müller wirkte angespannt, als sie gestern vor Journalisten den erheblichen Arbeitsaufwand schilderte, der wegen des jetzt bekannt gewordenen Korruptionsverdachts entstanden ist: „Das sind jeweils sehr komplexe Einzelverfahren“.

Falls beim Studium der Akten dubiose Details auffallen, würden die Unterlagen für weitere Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft Neuruppin geschickt, die auf Korruption spezialisiert ist, erklärte Müller. Im vergangenen Jahr hatte sie die Überprüfung veranlasst, abgeschlossen ist sie aber noch lange nicht. In der Tat gilt das Ausländerrecht als kompliziert, unter anderem wegen der unterschiedlichen Regelungen je nach Heimatland.

6818 Ausländer aus rund 90 Staaten lebten zum 31. Dezember 2007 in Potsdam. Nach einem internen Tipp und einem Hinweis von außen verhärtete sich damals in der Verwaltung der Verdacht gegen den inzwischen entlassenen Michael E., der jahrelang in der Behörde gearbeitet hat. Von wie vielen Ausländern nun erneut die Akten überprüft werden, sagte gestern niemand. Doch scheint die Zahl enorm, weil das Ausländeramt viele Aufgaben hat: Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit müssen hier klären, wie lange sie in Potsdam leben, arbeiten oder studieren können. Unter anderem soll Michael E. für positive Aufenthaltsgenehmigungen Geld kassiert haben, so der Verdacht. „Möglicherweise hat er aber auch Verfahren beschleunigt“, sagte Müller.

Inzwischen hat die Beigeordnete bei den Ausländerbehörden in Frankfurt am Main und Frankfurt (Oder) um Amtshilfe gebeten, im Mai reisten Spezialisten nach Potsdam. „Dazu arbeiten wir an einer neuen Struktur für die Ausländerbehörde“, so Müller – die einräumte, dass in ihrem Geschäftsbereich für Soziales ein „hohes Risiko“ der Vorteilsnahme im Amt bestehe. Auch deswegen und mit Blick auf die angestrebte Mitgliedschaft von Potsdam in dem Anti-Korruptionsverein Transparency International (TI), würden über das Rechnungsprüfungsamt noch einmal alle für Korruption anfälligen Bereiche der Verwaltung untersucht. Ziel: Bestechlichkeit soll verhindert werden.

Am bislang nur spärlichen Informationsfluss an die Öffentlichkeit wird sich allerdings nichts ändern, stellte Müller klar: „Ich muss die Medien nicht informieren.“ Entsprechend dünn klingen die Details zu einem weiteren Verdachtsfall, der sich wohl auch in ihrem Geschäftsbereich ereignete: Es gehe um einen „Einzelverdacht“ aus diesem Jahr, die Staatsanwaltschaft habe schon Anklage erhoben. Mehr nicht. Müller begründet dies erneut mit dem Schutz von unverdächtigen Kollegen und auch der Verwaltung an sich: „Solche Fälle führen schnell zu allgemeinen Bestechungsvorwürfen.“ So würden weiter nur die Stadtverordneten im Hauptausschuss nicht-öffentlich über Korruption informiert. Zudem erklärte Müller, dass solch ein Vorgehen dem Beitritt zu TI nicht entgegen stehen würde. Ob das so stimmt, ist ungewiss. Denn TI fordert grundsätzlich freien Informationszugang zu Verwaltungsvorgängen. Ausnahmen, „zum Beispiel der Schutz besonderer öffentlicher Belange“, seien nur eng und nur unter Abwägung mit „höherrangigen Rechten“ zuzulassen, heißt es in den TI-Statuten.

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