
© Andreas Klaer
Das Naturkundemuseum Potsdam: Entfleischt, genadelt, archiviert
370 000 Exponate gibt es im Naturkundemuseum. Die meisten davon bekommen Besucher nur manchmal zu sehen.
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Potsdam - Die Wölfin wirkt verblüffend lebendig: Obwohl nur aus Glas, scheinen die Augen feucht zu schimmern, die Zunge feucht vom Speichel zu sein. Fast wirkt es, als könnte das Tier jeden Moment von seinem Podest heruntersteigen und durch das Potsdamer Naturkundemuseum wandern. Dort ist die Wölfin nämlich seit dem Spätsommer letzten Jahres zu Hause – einer von zwei ausgestopften Wölfen im Haus, wie der Ausstellungs- und Ausstellungskonservator Dirk Berger am gestrigen Sonntag erklärte. Im Rahmen einer Sonntagsführung zeigte er Besuchern die Depots des Museums und die Sammlungen außerhalb der Ausstellung und erklärte, wie Exponate wie die Wölfin überhaupt präpariert werden.
Fünf Wölfe für das Naturkundemuseum
Dabei präsentierte er auch mehrere Wolfsfelle und Schädel, die das Museum für Forschungszwecke archiviert hat. „Im vergangenen Jahr haben wir etwa neun Wölfe bekommen, allein dieses Jahr schon fünf“, so Berger. Ein sechster müsse noch präpariert werden. Laut dem 42-jährigen Konservator sind die meisten Wölfe Straßenverkehrsopfer, nur wenige werden noch erschossen, was sofort juristisch verfolgt wird. Das Museum nehme nur Totfunde auf. Auch die sechs Jahre alte Wölfin fiel dem Straßenverkehr zum Opfer. Sie wurde Mitte Februar letzten Jahres in der Nähe des Flughafens Schönefeld tot aufgefunden.
Wie aufwendig die Präparation eines so großen Säugetiers ist, erklärte Berger am Sonntag. Zunächst muss der Tierkörper vollständig entfleischt und sämtliche Knochen – auch der Schädel – entnommen werden. Dann wird das Fell gegerbt und auf ein Kunststoffpräparat aufgezogen. „Die sind heute schon relativ leicht, sodass das Präparat gut transportiert werden kann“, sagte Berger. „Die Wölfin steht auch extra auf einer kleineren Plattform, sodass sie einfach von anderen Häusern ausgeliehen werden kann.“ Kleinere Tiere – bis zur Größe eines Kaninchens – können auch mit der sogenannten Polyethylenglycol-Methode präpariert werden, die ohne das Ausnehmen der Tiere auskommt. „In einem mehrstufigen Verfahren wird den Zellen dabei das Wasser entzogen, sodass sie danach vollkommen stabil sind“, so Berger. Vor dem Chemie-Bad müssten die Tierkörper deswegen schon in der gewünschten Position ausgerichtet werden, da diese anschließend nicht mehr geändert werden kann. Besonders für Kükenpräparate sei diese Methode gut geeignet, da die noch sehr dünne Haut der jungen Vögel sehr leicht bricht.
50.000 neue Präparate im vergangenen Jahr
Am unkompliziertesten sind Käfer in der Präparation. Viel Fingerspitzengefühl und Geduld sind nötig, um die kleinen Tiere ordentlich in Szene zu setzen. „Ansonsten werden sie lediglich genadelt oder aufgeklebt und dann getrocknet“, so Berger. Auch Schmetterlinge seien einfach zu handhaben, Raupen, Heuschrecken und Libellen müssten jedoch auch ausgenommen und ausgestopft werden.
Insgesamt 370 000 Exponate besitzt das Naturkundemuseum, davon rund 22 500 Vögel, 24 500 Fische und 280 000 Insekten. Die meisten nicht ausgestellten Präparate befinden sich in den Depots vor Ort in der Breiten Straße. Größere Tiere wie Elche oder Bären sowie die Skelettsammlung befinden sich im Außendepot in Groß Glienicke. Allein im Jahr 2015 sind 50 000 Präparate zu den Sammlungen hinzugekommen. Darunter auch neun Paradiesvögel der Universität Potsdam. Sie sollen demnächst in einer Sonderschau gezeigt werden.
Nächste Führung zur Schwarzmundgrundel am 6. März um 11 Uhr im Naturkundemuseum, Breite Straße 13. Die Führung kostet sechs Euro.
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