Von Henri Kramer: Entscheidende Wochen
Nächsten Dienstag beginnen die lang erwarteten Workshops zu „Freiland“, „Archiv“ und anderen Themen der Jugendkultur
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In der Debatte, wie Potsdamer Jugendkultur künftig aussehen könnte, beginnen entscheidende Wochen. Bei einem Treffen der Stadtverwaltung ist gestern jener Workshop vorbereitet worden, bei dem Politiker, Behörden, Kulturaktivisten und nicht zuletzt Jugendliche die Reizworte einer monatelangen Diskussion neu diskutieren sollen – vom geplanten „Freiland“–Jugendzentrum über das umstrittene Rahmenkonzept „Jugendkultur“ bis zum bedrohten „Archiv“-Kulturhaus. Die Stadtverordneten haben das groß angelegte Treffen beschlossen. Doch schon vor dem ersten Redebeitrag gibt es Kritik von jungen Erwachsenen – jenen, die in das Verfahren einbezogen werden sollen.
Vor allem der Arbeitskreis Alternative Jugendkultur Potsdam (AJKP) ist verärgert. „Die angekündigte Partizipation bei der Vorbereitung gab es so nicht“, sagt Benjamin Bauer, einer der Sprecher des Gremiums, das die Stadtverwaltung vor einem Jahr beauftragt hatte, Lösungsansätze für die Probleme in Potsdams Jugendkultur zu erarbeiten. Ein solcher Plan entstand – und seit etwa einem halben Jahr drücken die AJKP-Aktivisten immer klarer ihren Frust darüber aus, was nun mit ihren Vorschlägen passiert.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Workshop. So hatten die Stadtverordneten mit knapper Mehrheit beschlossen, dass die Moderation des Treffens „ im Einvernehmen“ mit dem AJKP festgelegt werde: Das Gremium schlug den Potsdamer Uni-Studenten Florian Werkhausen vor. Die Verwaltung schickt nun zusätzlich die Potsdamer Soziologin Charlotte Große. „Das haben wir erst aus der Zeitung erfahren“, sagt Patrick Hinz vom AJKP. So sei es ebenso bei den Terminen für die Workshops gewesen, die am kommenden Dienstag sowie am 16. Dezember im Babelsberger Haus der Jugend stattfinden sollen. Zudem stören Patrick Hinz die Anfangszeiten, die am frühen Nachmittag liegen. „Wir sind dazu nie gehört worden“, sagt der Zivildienstleistende. Der nächste Dienstag würde glücklicherweise in einer Woche liegen, in der er sowieso Urlaub habe. Ob Hinz allerdings die entscheidende Runde am 16. Dezember besuchen kann, weiß er nicht: „Warum findet so etwas zu Zeiten statt, in denen es gerade für uns schwer ist zu kommen?“
Überdies kritisieren er und Benjamin Bauer die Art, wie der Workshop stattfinden soll. Eingeladen sind einzelne Vertreter des Archiv e.V. und des Spartacus-Vereins, vom Stadtjugendring, vom Lindenpark und vom Waschhaus sowie Stadtpolitiker aller Fraktionen. Unabhängige Zuhörer wird es nicht geben. „Das Verfahren ist für uns nicht transparent genug“, sagt Bauer. Besonders auffällig sei dies, seitdem die neue Kulturbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) in ihrem Amt sei.
Mit all diesen Bedenken sorgen sich Patrick Hinz und Benjamin Bauer nun darum, was von dem Workshop überhaupt zu erwarten ist. Laut Beschluss der Stadtverordneten soll es Ziel sein, dass bis zum Januar 2010 ein „konsensfähiger Entwurf“ zu Freiland und dem Rahmenkonzept „Jugendkultur“ entsteht – in diesem steht beispielsweise der umstrittene Satz, eine städtische Finanzierung des akut sanierungsbedürftigen „Archivs“ sei derzeit „nicht darstellbar“. Diese Formulierung wollen die beiden Jugendlichen streichen. Ebenso müsse auch „Freiland“ entstehen, jenes Projekt, bei dem in der Friedrich-Engels-Straße die Angebote des geschlossenen Spartacus-Jugendhauses wieder einen neuen Platz finden sollen.
Übrigens: Auf dem „Freiland“-Gelände findet heute bereits eine Diskussion statt, bei der die schärfsten Kritiker des „Freiland“-Vorhabens mit jugendlichen Befürwortern in einer beheizten Jurte diskutieren sollen. Beginn ist 20 Uhr. Auch Patrick Hinz und Benjamin Bauer werden da sein – auch als eine Art Debatten-Training in diesen entscheidenden Wochen.
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