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Zehn Mal hat es im Kasten von Glasgow City beim Champions-League-Spiel gegen Turbine Potsdam geklingelt. „Nicht überbewerten“, sagt Turbine-Coach Schröder.

© Gabbert/dapd

Sport: Entwicklungshilfe für Europa

Das 10:0 von Turbine gegen Glasgow verdeutlicht das immense Gefälle im internationalen Frauenfußball

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„Die Bayern hätten zur Halbzeit auch mit fünf oder sechs Toren führen können!“ Teil 2 das Chamipons-League-Programms am Mittwochabend hat Turbine-Trainer Bernd Schröder offenbar vor dem Fernseher verbracht. 3:2 gwann da der FC Bayern München nach 3:0-Halbzeitführung gegen den SSC Neapel. Zuvor hatten Schröders Spielerinnen das Hinspiel des Achtelfinals der UEFA Women’s Champions League gegen Glasgow City LFC gewonnen - auch hier führten die Gastgeberinnen nach 45 Minuten mit drei Toren. Am Ende stand es 10:0.

Zum Vergleich mit der abendlichen Männerpartie sah sich Schröder bemüht, nachdem noch vor dem Anpfiff im Karl-Liebknecht-Stadion über die Höhe des zu erwartenden Turbine-Siegs gefachsimpelt wurde. Bereits in der Runde zuvor hatte der deutsche Frauenfußball-Meister gegen den isländischen Vertreter Thór/AK auswärts mit 6:0 und zu Hause mit 8:2 gewonnen. Angesichts derartiger regelmäßiger Kantersiege in der Women’s Champions League sah sich Bundestrainerin Silvia Neid, die vorgestern den Weg nach Potsdam gefunden hatte, mit der Frage nach Stellenwert und Qualität des europäischen Frauen-Klubfußballs konfrontiert. Allein ihre Gegenfrage, ob Glasgow City schon einmal in der Champions League gespielt habe, verriet, welchen Bekanntheitsgrad der Achtelfinal-Teilnehmer bei Deustchlands oberster Fußballlehrerin hat: keinen!

Spiele wie das vorgestrige zwischen Potsdam und Glasgow verdeutlichen, dass sich der europäische Frauenfußball noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, in dem die deutschen Vertreter Turbine und der 1.FFC Franfkurt Vorreiter sind. „Doch es ist sehr positiv, dass es überhaupt eine Women’s Champions League gibt und die Spiele inzwischen im Fernsehen übertragen werden“, befand DFB-Teammanagerin Doris Fitchen im Vorfeld der Mittwoch-Partie in Potsdam. Das sei Indiz für die Entwicklung des Frauenfußballs und trage dazu bei, dass der Bekanntheitsgrad der Klubs wächst – so wie es bei Vorjahressieger Olympique Lyon der Fall sei. „Die sind doch inzwischen ein Begriff“, befindet Fitschen.

Glasgows Trainer Eddie Wolecki Black war auf den gravierenden Klassenunterschied zwischen seinem Team und Turbine nicht vorbereitet. „Das habe ich nicht erwartet“, gestand er nach dem Abpfiff. Angesichts des Tempos im Potsdamer Spiel erklärte Wolecki Turbine zu „einer der besten Mannschaften der Welt“, gegen die zu spielen, „anstrengend“ sei.

Bernd Schröder bleibt da gelassen: „Man muss das relativieren.“ Vor einer Kulisse von 2 000 Zuschauern und gegen eine Mannschaft zu spielen, die wie Turbine „hungrig nach Titeln“ ist, seien die Schottinnen nicht gewohnt. „Spätestens ab dem Viertelfinale wird es anders und enger zugehen“, vermutet er. Doch unterscheide sich die europäische Königsklasse des Frauen- und Männerfußballs gar nicht so sehr von einander, meint Schröder - zumindest wenn man so manche Erstrunden-Begegnung betrachte, die nicht selten mit einer Torflut enden. Und der Unterschied am Mittwoch war, dass bei den Männern Bayern München trotz klarer Überlegenheit gegen Neapel um den Sieg zittern musste, während Turbine Potsdam noch sieben Tore nachlegte. „Wir werden nicht aufhören, viele Tore zu schießen, nur um es jenen recht zu machen, die mehr Spannung wollen“, sagt Schröder.

Doch räumt der Turbine-Coach ein, dass die Bundesliga verglichen mit den bisherigen Champions-League-Runden ein „anderer Gradmesser“ sei. Bereits die Punktspiel-Begegnung am kommenden Sonntag – gegen Bayern München – werde seine Spielerinnen auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Gegen viele Tore hätte er nichts. „Oft genug“, so beklagt Schröder, „haben wir in der Liga viele Chancen liegen gelassen.“

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