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Landeshauptstadt: Ermutigung vom Oberbürgermeister

Rund 2 500 Demonstranten kamen zum Warnstreik des öffentlichen Dienstes

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Innenstadt - Platz da für die Hauptdarsteller: Anstatt Gewerkschaftsfunktionäre reden zu lassen, wurde am gestrigen Montag auf dem Bassinplatz ein roter Teppich für die Streikenden ausgerollt: „Wenn wir nicht da wären, blieben die Mülltonnen stehen!“, sagte etwa Nancy Beckmann von der Stadtentsorgung Potsdam (Step) zu den Teilnehmern der großen Warnstreik-Aktion der Gewerkschaft Verdi, zu der aus ganz Brandenburg Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst angereist waren. Laut der Polizei nahmen 2 500 Personen teil, 50 Polizisten waren im Einsatz.

Auch die Potsdamer Stadtverwaltung beteiligte sich mit rund 500 Mitarbeitern unter anderem vom Grünflächenamt, dem Bürgerservice oder der Stadtbibliothek, wie der örtliche Verdi-Aktionsleiter Marco Pavlik sagte. „Wir sind eine wachsende Stadt, das heißt, es gibt mehr Arbeit bei gleichem Personal“, sprach Beckmann eines der Potsdamer Probleme im öffentlichen Dienst an.

Das, was die Streikenden auf die Straße trieb, war jedoch vor allem die bundesweite Forderung nach 100 Euro mehr im Monat sowie einen Lohnzuwachs von 3,5 Prozent für die 2,1 Millionen Angestellten von Bund und Kommunen. „Ich finde, dass auch im öffentlichen Dienst gut bezahlt werden muss, damit wir weiterhin gute Leute bekommen“, meinte etwa Erik Wolfram, stellvertretender Bereichsleiter für Stadtentwicklung und Bauen in Potsdam.

Wegen des Warnstreiks blieben einige Einrichtungen der Stadtverwaltung geschlossen, beispielsweise die Zulassungsstelle und die Stadt- und Landesbibliothek im Bildungsforum, wie eine Stadtsprecherin sagte. Auch beim Bürgerservice gab es längere Wartezeiten. Die Demonstration sorgte in der Mittagszeit auch für kurzfristige Unterbrechungen im Tram- und im Busverkehr: Betroffen waren unter anderem die Tramlinien 91, 94, 98 in der Charlottenstraße sowie die Tramlinien 92 und 96 in der Friedrich-Ebert-Straße, wie ein Sprecher des Verkehrsbetriebs sagte.

Was viele Streikende ärgerte: Bislang hat die Arbeitgeberseite noch kein Angebot vorgelegt. „Ich finde das arrogant“, sagte Ralf Becker von Potsdamer Jugendamt. Er gehe vor allem aus Solidarität für prekär Beschäftigte wie Erzieher auf die Straße. „Ich hätte mir heute ruhig etwas mehr Teilnehmer aus der Stadtverwaltung gewünscht“, sagte er.

Bislang hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière für die Beschäftigten lediglich eine „soziale Komponente“ in Aussicht gestellt, die nächste Tarifrunde wird am kommenden Montag stattfinden. Geführt werden die Lohn-Verhandlungen im Kongresshotel am Luftschiffhafen. Die Streikenden zogen jedoch begleitet von Samba-Trommel-Rythmen vom Bassinplatz über Charlottenstraße und Breite Straße zum neuen Stadtschloss. „Tariffragen sind Machtfragen“ oder „Ich bin bescheiden und kämpfe für 3,5 Prozent mehr!“ stand etwa auf den Plakaten, Mitglieder der Potsdamer Feuerwehr entrollten ein Verdi-Transparent am Gerüst des Obelisken. Hauptredner Achim Meerkamp zeigte bei der Schlusskundgebung Unverständnis für die Argumentation der Arbeitgeber, dass kein Geld da sei: „Immerhin haben wir ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent und sprudelnde Steuereinnahmen!“

Marco Pavlik verkündete anerkennend, dass sich in ganz Brandenburg 32 Kitas und Horte am Warnstreik beteiligt hatten. Potsdamer Kitas nahmen nicht teil, da keine mehr in kommunaler Hand ist. Die Streikenden des Potsdamer Rathauses trugen auf ihrer Mütze ein kleines Schild mit der Aufschrift „Ich bin dabei – Jann auch“ – eine Anspielung darauf, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der mit in der Tarifkommission der Arbeitgeber sitzt, die Mitarbeiter bei der letzten Personalversammlung ermutigt hatte, am Warnstreik teilzunehmen: „Er hat uns das ganz sachlich und emotionslos gesagt“, lobt Ralf Becker. Erik Wenk (mit jaha)

Erik Wenk (mit jaha)

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