Landeshauptstadt: Erneut Gewalt in der Charlottenstraße
Etwa 150 Menschen bei Mahnwache für toten David F. / Jakobs spricht von „Anschlag auf Gesellschaft“
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Innenstadt – Erneut ist die Charlottenstraße Schauplatz einer größeren Schlägerei zwischen Jugendlichen geworden. Nach dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft am Sonnabend gegen 19.30 Uhr sollen laut Polizei mehrere leicht alkoholisierte Personen gegenüber dem Tatort der tödlichen Messerstecherei vom vergangenen Wochenende Ball gespielt haben. Davon sollen sich andere, um den getöteten Potsdamer David F. trauende Jugendliche provoziert gefühlt haben: Es sei zu einer „verbalen Auseinandersetzung“ gekommen. In der Folge soll der 20-jährige Robert P. aus der Mahnwachen-Gruppe zu den Ballspielern gegangen sein. Der 21-jährige Florian H. habe daraufhin versucht den Streit zu schlichten – soll jedoch stattdessen von dem dazu gekommenen 18-jährigen Alexander H. und von Robert P. verprügelt worden sein. Insgesamt sollen bis zu acht Personen in die Schlägerei verwickelt worden sein. Sie und die Zeugen wurden von der Kriminalpolizei vernommen.
Wenige Stunden vorher hatten neben Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs auch Sozialbeigeordnete Elona Müller und Jugendamtsleiter Norbert Schweers an einer Mahnwache mit rund 150 Angehörigen und Freunden des 20-jährigen Opfers teilgenommen. Jakobs ging in seiner Ansprache zunächst auf das Opfer David F. ein: Auf seine eigene Wohnung, seine fast abgeschlossene Ausbildung als Maler, seine Freundin. In der emotionalen Rede nannte Jakobs die Tat „einen Anschlag gegen unsere Gesellschaft“. Es sei eine Verpflichtung aller Potsdamer, „dass solche Vorfälle nur Einzeltaten bleiben“. Auch die Politik müsse sich fragen, ob genug für Jugendliche getan werde. „Kümmern wir uns zu wenig? Kennen wir ihre Sorgen und Nöte?“ Jakobs dankte den Jugendlichen für die Organisation der Mahnwache.
Für die Angehörigen von David F. sprach sein Cousin Peter K., der in der Tatnacht zusammen mit David F. in dem Lokal „Quartier“ in der Charlottenstraße war: Peter K. appellierte dabei an Jugendliche, bei Partys keine Messer mit sich zu führen. „Wenn ihr einen Streit seht, dann holt Hilfe und übernehmt Verantwortung“, so der junge Mann. Die Tat müsse eine Lehre sein, „dass so etwas nie wieder geschieht.“
Zu ihrer Sicht auf die Tat äußerten sich die Angehörigen von David F. per verteilter Pressemitteilung, in der sie heftige Kritik an der Polizei übten. Die Beamten hätten durch schnelleres Eingreifen die Tat „vermutlich“ verhindern können. „Wir fordern Aufklärung und Konsequenzen.“ Zudem sei nicht David F., sondern eine Gruppe gewaltbereiter türkischer Jugendlicher der „Auslöser der Katastrophe“. Am Ende des Schreibens distanzieren sich die Angehörigen von „jeglicher“ Ausländerfeindlichkeit. „Auch David hatte ausländische Freunde, die heute um ihn trauern.“Henri Kramer
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