Landeshauptstadt: Ersatzteile aus West-Berlin
Das Uhrmacher- und Juweliergeschäft Herrendorf in der Brandenburger Straße gibt es seit 70 Jahren
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Das Uhrmacher- und Juweliergeschäft Herrendorf in der Brandenburger Straße gibt es seit 70 Jahren Beginnen wir mit dem Happy-End einer etwas verzwickten Geschichte. Die beiden Firmenchefinnen von Juwelier Herrendorf, Eva und Sylvia Gerber, feiern dieser Tage das 70-jährige Firmenjubiläum, sie bieten ihren Stammkunden in diesem Zusammenhang einige Extras und laden zur Shoppingnacht am 30. Juli zusammen mit anderen Einzelhändlern zur Schmuck- Modenschau ein. Die Comedie Soleil gestaltet dazu das Rahmenprogramm. „Ich glaube, wir haben es geschafft“, sagt Eva Gerber und sieht die Innenstadt im Aufwind. Sie hat daran keinen geringen Anteil, war sie doch lange Jahre Vorsitzende der AG City und setzt sich jetzt als Stellvertreterin von Wolfgang Cornelius für die Arbeitsgemeinschaft Innenstadt (AGIP) ein. Potsdam entwickle sich immer mehr „zur hübschen kleinen Schwester von Berlin“, meint sie. Sie sehe das an den vielen Berliner Stammkunden, die hoffentlich auch beim Jubiläum vorbeischauen. Nun müssten noch die Potsdamer wieder für die City zurückgewonnen werden. Kommen wir zum verzwickten Teil. Wer versucht, die Familiengeschichte des Uhrmacher- und Juweliergeschäftes Herrendorf in der Brandenburger Straße 57 nachzuvollziehen, hat es nicht ganz einfach. Als 1935 das Uhrmachergeschäft eröffnet wurde, hießen die Inhaber Schneider und Behrendt, von Herrendorf noch keine Spur. Er kommt erst nach dem Tod von Behrendt ins Spiel. Die Behrendt-Witwe holt ihn ins Geschäft und heiratet ihn schließlich 1940. Auf diese Weise bekommt das Geschäft seinen heutigen Namen. Der wird beibehalten, obwohl keine der Ladeninhaberinnen mehr Herrendorf heißt. Es ist eher ein Tribut an das Können des einstigen Uhrmachermeisters und die Devise „Qualität ist durch nichts zu ersetzen“. Die heutige Chefin Eva Gerber ist die Tochter aus Norma Herrendorfs dritter Ehe. Trotz Scheidung bleibt die wiederverheiratete Norma Kath im Geschäft und führt es gemeinsam mit Erwin Herrendorf weiter. Herrendorf bildet in den 70er Jahren seinen Nachfolger Bernd Gerber aus, der die Kath-Tochter Eva heiratet. Mann und Kind zuliebe sattelt Eva beruflich noch einmal um. Aus der Kulturwissenschaftlerin wird eine Uhrmacherin, die ebenfalls bei Herrendorf in die Lehre geht. Nun ist in der dritten Generation die Tochter Sylvia zur Mitchefin aufgestiegen, die eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau hat. Bernd Gerber verstarb 2001 viel zu früh. Äußerst verzwickt auch das Handelsgebaren zu DDR-Zeiten: Handeln sollte vorwiegend die staatliche Organisation HO, der Handwerker Herrendorf dagegen sollte ausschließlich Uhren reparieren. „Da waren wir natürlich auch nicht gut genug, in der Hauptgeschäftsstraße einen Laden zu besetzen. Als die Straße Anfang der siebziger Jahre saniert wurde, mussten wir um die Ecke in die Dortustraße umziehen“, erzählt Eva Gerber. Erst nach der Wende, im Jahre 2000, konnten Gerbers das Haus kaufen und wieder ins alte Geschäft zurückziehen. „Arbeit hatten wir zu DDR-Zeiten genug. Wir haben manchmal nachts durchrepariert, um alles zu schaffen“, erzählt Eva Gerber. Ihre Mutter, die schon Rentnerin war, wurde als Kurier eingesetzt, um Ersatzteile aus West-Berlin für „West-Uhren“ und alte Modelle zu beschaffen. Schmuckreparatur und -verkauf war dem Uhrmacher Herrendorf nicht gestattet. Heute hat sich das Geschäft zugunsten des Schmucks verlagert. 1993 stieß Goldschmied Andreas Martin zum Unternehmen und im Moment wird gerade ein weiblicher Goldschmiedelehrling ausgebildet. „Lehrlinge hatten wir immer. Zu DDR-Zeiten waren das Uhrmacher.“ Nach der Wende seien es dann Kaufleute und Verkäuferinnen gewesen. Und nun – wir sind wieder in der Gegenwart angelangt – ist es eine junge Dame mit goldenen Händen. Hinzu aber müsse das Gespür für Trendmoden kommen. Denn: „Wir verkaufen Luxus und an dem wird in schlechten Zeiten zu allererst gespart“, so Eva Gerber.Hella Dittfeld
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