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Etwas HELLA: Erst nachdenken und dann durch

Weihnachten ist die Zeit der Märchen. Zumindest im Fernsehen.

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Weihnachten ist die Zeit der Märchen. Zumindest im Fernsehen. Und erwartungsgemäß gehen die nach einigem Herz-Schmerz-Gerangel immer gut aus. Im Alltag ist das leider nicht so und deshalb sollten wir noch ein bisschen an geradezu märchenhaften Ereignissen festhalten. Zum Beispiel am Wiederaufbau des Palastes Barberini und seiner Ausstattung. Ich kann es kaum fassen, aber ich habe bisher nicht ein einziges negatives Wort über diesen zukünftigen Palast der schönen Künste gehört. Selbst die meckerfreudigsten Potsdamer, mit denen ich bisher sprach, sind des Lobes voll und ich nehme an, dass sich auch die angekündigten Ausstellungen bald großer Beliebtheit erfreuen. Da hat ein gewisser Herr Kunstmäzen nicht nur tief in die eigene Tasche gegriffen, sondern auch noch Fachleute mit fundiertem Können und Geschmack etwas Erstaunliches zaubern lassen.

Doch leider ist Weihnachten vorbei und die Märchen scheinen schon wieder ad acta gelegt. Was hätte ich mich gefreut, wenn zum Beispiel gleich gegenüber vom Barberini eines wahr geworden wäre und die Wohnungsbaugenossenschaften mit großem Feuereifer in der Stadtmitte bezahlbaren Wohnraum errichten würden. Im Märchen kommen knallharte Rechner eher nicht vor, da können die Helden von der Luft und der Liebe leben. Im realen Leben muss natürlich alles durchkalkuliert werden, damit es kein böses Erwachen gibt. Aber noch ganz traumselig durch all die schönen märchenhaften Lösungen rund ums Weihnachtsfest wage ich zu fragen: Ist das Ausschlagen von Fördermitteln durch die Genossenschaften nicht etwas zu kurz gedacht und gesprungen? Sollte die Potsdamer Mitte deshalb doch noch „neu gedacht“ werden, wie es die Initiative zum Erhalt der DDR-Bauten möchte? Aber denken wir das einmal weiter: Besonders märchenhaft fände ich es nicht, wenn ausgerechnet im Fachhochschulkasten billiger Wohnraum entstünde, dafür aber das ganze Wiederaufbaukonzept der Potsdamer Mitte ruiniert würde.

Das gerade zu Ende gehende Jahr hat uns nicht gerade verwöhnt mit guten Nachrichten. Deshalb möchte ich noch ein bisschen am märchenhaft Erfreulichen festhalten. Zum Beispiel hat mir eine sehr mutige und sehr junge Dame versprochen, dass wir gemeinsam das neue Bad am Brauhausberg einweihen und auf der großen Rutsche ins Blaue fliegen, ins Wasserblau natürlich. Ich hoffe, zu sozial verträglichen Preisen. Das bisschen Zeitverzug beim Bauen nehmen wir natürlich locker. Wenn es sich auf anderen Großbaustellen nur um ein halbes Jahr handeln würde, fänden das die Bauherren wahrscheinlich total märchenhaft.

Und noch ein Märchen wird in den nächsten Jahren wahr. Nämlich die Umgestaltung des Leipziger Dreiecks ohne gravierende Staus, ohne die Fällung einer ganzen Baumreihe, wie sie in der Heinrich-Mann-Allee angedacht ist, ohne neue Verkehrshindernisse in der Friedrich-Engels-Straße zu produzieren und ohne Busbahnhof und Bahnhofsvorplatz noch unübersichtlicher zu gestalten. Das schaffen die Verkehrsplaner nie? Aber ich bitte Sie, noch sind nicht alle Märchen auserzählt.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam

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