Landeshauptstadt: Erst prüfen, dann sammeln
Reaktion auf angeblich unzulässiges Potsdamer Bürgerbegehren: Verein Mehr Demokratie fordert Erleichterungen für Initiativen in Brandenburg
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Innenstadt - Nachdem die Stadt Potsdam das Bürgerbegehren zur Potsdamer Mitte für unzulässig erklärt hat, fordert nun der Verein Mehr Demokratie schnelle Änderungen bei den Verfahrensregeln für Bürgerbegehren in Brandenburg. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die rot-rote Landesregierung mit ihrem Beschluss Ernst machen sollte, die Regeln für Bürgerbegehren zu verbessern“, sagte der Vorstandssprecher von Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg, Oliver Wiedmann. So müsse die Zulässigkeit eines Begehrens bereits am Anfang des Prozesses geprüft werden, also bevor überhaupt Stimmen gesammelt würden.
Die Prüfung solle eine neutrale Stelle übernehmen, für Potsdam wäre dies die Kommunalaufsicht im Innenministerium. Bei Fehlern im Antrag könne dann nachgebessert werden, sagte Wiedmann auf PNN-Anfrage. „Solche Debatten, wie sie jetzt um das Bürgerbegehren zur Potsdamer Mitte stattfinden, hätten sich dann erübrigt.“ Am Mittwoch hatte die Landeshauptstadt das Begehren, für das fast 15 000 Potsdamer unterschrieben hatten, für unzulässig erklärt, da es wie berichtet in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen der Kommunalverfassung entsprechen soll. Unter anderem fehle ein ausreichender Kostenvoranschlag, so Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die Stadtverordnetenversammlung muss über die Nichtzulassung in ihrer Sitzung am 14. September befinden. Mit dem Bürgerbegehren wollte die Initiative einen weiteren Verkauf von Grundstücken rund um den Alten Markt verhindern und stattdessen Bauten aus DDR-Zeiten wie die Fachhochschule erhalten.
Der Verein Mehr Demokratie fordert unter anderem, dass bei einem Bürgerbegehren statt wie bisher ein Kostenvoranschlag nur noch eine Kostenschätzung nötig sein soll. Der brandenburgische Landtag hatte im Juli dieses Jahres mit den Stimmen der Regierungsparteien SPD und Linke sowie den Grünen einen Entschließungsantrag verabschiedet, wonach die Landesregierung aufgefordert wird, die Regeln in der Kommunalverfassung anzupassen und Begehren zu erleichtern. Wann dies umgesetzt wird, ist noch offen. Er rechne mit einer Gesetzesvorlage Anfang 2017, sagte der Landes- und Kommunalpolitiker Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke).
Als Vorbild für die neuen Regeln zu Bürgerbegehren gilt dabei Bayern. Hier gebe es dem Verein Mehr Demokratie zufolge kaum Einschränkungen, etwa in Form eines „Negativkatalogs“. In Brandenburg ist beispielsweise ein Bürgerbegehren gegen eine bestehende Bauleitplanung nicht zulässig. In Bayern gab es Wiedmann zufolge in den vergangenen Jahren rund 5000 Bürgerbegehren, in Brandenburg seien es hingegen nur knapp 150 gewesen. Der Verein kündigte an, im nächsten Jahr eine eigene Initiative zur Verbesserung der direkten Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene zu starten. Dazu werde ein Volksbegehren vorbereitet.
Stefan Engelbrecht
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