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Landeshauptstadt: Erste Antworten sind eingegangen

Stadt: Anonymität trotz Nummerierung der Fragebögen gewährleistet / Kommunalaufsicht prüft Verfahren

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Die Bürgerbefragung zum Standort eines Landtagsneubaus in Potsdam ist gestartet. Spätestens gestern nach Feierabend sollten alle wahlberechtigten Potsdamer ihren Befragungs-Umschlag im Briefkasten gefunden haben. Insgesamt 122 407 Briefe hatte die Stadtverwaltung auf Beschluss der Stadtverordneten verschicken lassen – die ersten kamen bereits am Samstag an.

Einige Potsdamer haben auch schon ihr Kreuzchen gemacht, bestätigte gestern Matthias Förster vom Bereich Statistik und Wahlen der Verwaltung. Es seien jedoch „noch nicht so viele“ Briefe eingegangen. Geöffnet werden die Umschläge laut Förster erst am 2. oder 3. Januar – dann würden 18 Stadtmitarbeiter wie bei einer Briefwahl das Ergebnis auszählen. Bis dahin sammle der Bereich Statistik die Zuschriften an einem sicheren Ort, so Förster – wohlgemerkt ungeöffnet.

Für Irritationen hatte gestern bei einigen Potsdamern gesorgt, dass der Fragebogen eine Nummer trägt. Es kamen Zweifel auf, ob die Anonymität der Befragten trotzdem gewährleistet sei. Förster vom Bereich Statistik sagte, die Stadt habe die Deutsche Potsdam mit dem „Eintüten“ und Versenden der Unterlagen beauftragt und dem Unternehmen lediglich eine nicht nummerierte Liste mit den Adressen der wahlberechtigten Potsdamer zur Verfügung gestellt. Die Fragebögen seien bei der Post mit den Nummern bedruckt und dann maschinell in Umschläge gesteckt worden, so Förster: „Wir wissen nicht, welche Person welchen Fragebogen mit welcher Nummer bekommen hat – nicht mal die Post weiß das.“ Die Adressliste werde unmittelbar nach Gebrauch vernichtet. Die Nummerierung der Fragebögen sei notwendig, um möglichem Missbrauch vorzubeugen, erklärte Förster. „Es wäre sonst einfach, den Bogen zu kopieren und uns massenhaft zurückzuschicken.“ Insgesamt kostet die Bürgerbefragung nach Angaben der Stadt rund 80 000 Euro. Einen Teil davon machen die Portokosten aus – denn die Rücksendung der Fragebögen, die bis zum 31. Dezember erfolgen muss, bezahlt die Stadt.

Die Kosten dafür können aber noch steigen – durch die von der Wählergemeinschaft und Fraktion Die Andere gestartete zweite Befragung mit einem eigenen Fragebogen. Die Andere hatte am Freitag angekündigt, nicht nur nach dem Standort, sondern auch nach dem gewünschten Aussehen des Neubaus auf Grundriss des ehemaligen Stadtschlosses zu fragen (PNN berichteten). Sie forderte die Potsdamer auf, ihren Fragebogen zusammen mit dem der Stadt zurückzuschicken. Dafür gab es einhellige Kritik der Fraktionen, die die ursprüngliche Befragung beschlossen hatten.

Die Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit der Bürgerbefragung ist dagegen zunächst abgeebbt. Kommunalwissenschaftler, die Fraktion Bündnis 90 / Grüne, Die Andere und auch die Potsdamer FDP hatten der neuen „Landtagskoalition“ aus SPD, Linkspartei.PDS, CDU, BürgerBündnis/FDP und Familienpartei vorgeworfen, die Fragen seien suggestiv und machten die Befragung zu einer Farce. Der Grund: Die Alternativstandorte Palais Barberini und Speicherstadt sind nach Meinung der Kritiker unrealistisch. Zudem fehle die Möglichkeit, sich mit einer Nein-Antwort gegen einen Landtagsneubau auszusprechen. Außerdem gebe es für eine Bürgerbefragung weder in der Gemeindeordnung noch der Kommunalverfassung eine Regelung, so die Kritiker. Damit verwende die Stadt ein nicht-legitimiertes Instrument der Bürgerbeteiligung, das die Freiheit des Stadtverordnetenmandats einschränke und somit wohl verfassungswidrig sei.

Letzterer Einschätzung hatte sich das Potsdamer Verwaltungsgericht in dem Beschluss zur Entscheidung über einen Eilantrag, der die Bürgerbefragung stoppen sollte, weitgehend angeschlossen. Die Befragung dürfte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig sein, da sie „zwar rechtlich unverbindlich, in einer Demokratie aber aus politisch-moralischen Gründen eine faktische Verbindlichkeit entfaltet“, so das Gericht.

Aufgrund dieser Bedenken prüft nun die Kommunalaufsicht des Innenministeriums das Vorgehen. Dies bestätigte Sprecher Geert Piorkowski auf PNN-Anfrage. Der Aufsichtsbehörde liege der Gerichtsbeschluss seit gestern vor, mit einem „kurzfristigen Ergebnis“ der Prüfung sei zu rechnen. Theoretisch könnte die Kommunalaufsicht die Bürgerbefragung nach PNN-Informationen unterbinden, sollte sie sich der Meinung des Gerichts anschließen.

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