
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Erste Scharrierkönigin
Zunftfest der Steinmetze hatte eine weibliche Siegerin / Abschied vom „Polenhof“
Stand:
Der erstmals in Potsdam ermittelte Scharrierkönig ist eine Frau. Beim Werfen der Eisen, die sonst zur Oberflächenbearbeitung des Natursteins benutzt werden, erwies sich am Sonnabend die Steinmetzin Andrea Eichenberg, die bei Melior und Partner in Stahnsdorf angestellt ist, am treffsichersten. Nach mehrstündigem anstrengenden Wettkampf bekam sie gegen 19 Uhr die schwere Sandsteinkrone aufs Haupt gesetzt.
Mitgebracht hatte das Prunkstück zum ersten Potsdamer Scharrierfest Andrea Thiemer, die Vorjahrsiegerin aus Templin. Wie Meliors Polier Frank Gansky und Prokurist Gerd Menzel oder Andreas John von der Naturstein Potsdam GmbH blieb sie diesmal schon in der Vorrunde hängen. Keine Chance hatten ebenso Innungsobermeister Christian Eißer aus Rathenow und drei aus Dresden angereiste Routiniers. Hier in der sächsischen Landeshauptstadt war das Zunftfest der Steinmetze Anfang der 1990er Jahre nach älterem Vorbild wiederbelebt worden. Inzwischen hat es sich auf andere Bundesländer, darunter Brandenburg, ausgedehnt.
Eigentlich hätte das (nicht ganz billige) Scharrierfest in Templin gefeiert werden müssen, denn für die Ausrichtung ist stets der Vorjahressieger zuständig. Wenn sie diesmal von der Potsdamer Naturstein GmbH übernommen wurde, hatte dies einen besonderen Grund: Die Steinmetze feierten damit den Abschied von ihrem Werkplatz am Neuen Palais, der durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gekündigt worden ist. Sie will auf dem Gelände bis zum 300. Geburtstag des Alten Fritzen im Jahr 2012 eine Gaststätte errichten.
Im Schutz der meterhohen Schauer (offene Schuppen) hatten die Bildhauer und Steinmetze hier Meisterwerke wie für die große Fontäne in Sanssouci die Marmorstatuen „Venus“ und „Merkur“ des Franzosen Pigalle, aber auch Fassadenschmuck des Berliner Stadtschlosses kopiert. Aktuell stehen Aufgaben wie die Restaurierung des Rossebrunnens unterhalb von Schloss Sanssouci und für den Potsdamer Stadtkanal an. Der Platz wurde Polenhof genannt, weil er Anfang der 1980er Jahre für die Polnischen Staatlichen Werkstätten für Denkmalpflege (PKZ) eingerichtet worden war. Sie hatten damals in Potsdam wichtige Aufgaben übernommen, so beim Umbau des Marstalls zum Filmmuseum und bei der Sanierung der Neuen Kammern in Sanssouci.
Wie Menzel bedauern die anderen am Neuen Palais angesiedelten Firmen und Steinmetze, dass mit der Aufgabe des Platzes die Nähe zu Sanssouci verloren geht. Sie haben aber bereits einen neuen Werkplatz gefunden – ein Gelände am Schlaatzweg, das früher von einer Baugenossenschaft genutzt wurde. E. Hohenstein
E. Hohenstein
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