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Landeshauptstadt: Erzählen vom Leben der Anderen

Der Salon e.V. diskutierte Ost-West-Biografien

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Sie sei „ratlos“, bekannte eine Teilnehmerin der Salon-Runde. Obwohl sie vor 13 Jahren aus Bonn in den Osten Deutschlands gezogen sei, ist es immer noch da: Das Ost-West-Thema. Nach dem Umzug aus Berlin nach Potsdam vor fünf Jahren fühle sie sich sogar „zurückgeworfen“: „Ich habe in Potsdam kaum Ostdeutsche kennengelernt“, berichtete sie beim Treffen des Salon e.V. am Mittwoch im Massimo 18 in der Mittelstraße: „Aber nach zwanzig Jahren müsste man sich doch verständigt haben!“

Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie bei der Diskussion der knapp zwanzig Salon-Teilnehmer – etwa ein Drittel davon „Ossis“ – deutlich wurde. Die einen erzählten von ihrem Unwohlsein, wenn sie heute noch als „Zoni“ bezeichnet werden, die anderen vom Befremden über die ganz verschiedenen Begriffe von Freundschaft. Dass die Verständigung in der jüngeren Generation leichter ist, war da nur schwacher Trost.

„Es gibt immer noch ungeheure Vorurteile zwischen Ost und West“, erklärte Axel Schmidt-Gödelitz, der Referent des Abends. Das Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschen sei nach einer kurzen Phase der Euphorie im Wendejahr „stummer“ geworden. „Das kommt daher, dass man vom Leben der Anderen nichts weiß“, glaubt der Politikwissenschaftler, der in der Ständigen Vertretung der BRD in Ost-Berlin arbeitete und bis 2003 Leiter des Forums Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung war.

Vor elf Jahren gründete er das „Ost-West-Forum“. Auf Gut Gödelitz bei Riesa in Sachsen bietet er unter anderem einmal monatlich ein Seminar zu Ost- West-Biografien an: Zehn Teilnehmer aus Ost und West sollen dabei über ihre Leben ins Gespräch kommen. Die wichtigste Regel: „Es gibt keine Diskussion über gelebtes Leben, kein Gut oder Böse, kein Richtig oder Falsch.“ Die Ergebnisse seien erstaunlich, berichtete Schmidt-Gödelitz. Vorurteile nehmen durch Erzählen ab, glaubt er aus seiner Erfahrung. Denn: „Es gibt nicht den Westdeutschen, genauso wenig wie es den Ostdeutschen gibt.“ Jana Haase

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