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Aus dem GERICHTSSAAL: Erzwungener oder geduldeter Sex?

Dreifache Vergewaltigung nicht zweifelsfrei nachweisbar / Freispruch für Türken

Stand:

Während der Verhandlung im April gab Murat M.* (35) sexuelle Kontakte zu Juliane J.* (30) zu. Sie seien stets im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt, versicherte der in Potsdam lebende Türke. Die junge Frau sah das anders, erstattete Anzeige wegen dreifacher Vergewaltigung gegen den Mann – allerdings erst ein halbes Jahr nach dem vermeintlich letzten Übergriff im Juni 2006. Juliane J. bekräftigte im ersten Prozess ihre bei der Polizei gemachten Aussagen. Doch Staatsanwaltschaft und Schöffengericht hegten Zweifel am Wahrheitsgehalt der Äußerungen der unter Betreuung Stehenden. Die Verhandlung wurde ausgesetzt, ein aussagepsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben. (PNN berichteten.)

Gestern ging der Prozess gegen Murat M. – er ist seit kurzem mit einer Potsdamerin verheiratet – noch einmal von vorn los. Nach gut fünf Stunden wurde der Mann von den schweren Vorwürfen freigesprochen. Gewaltsamer Sex sei ihm nach den Ausführungen der Gutachterin nicht zweifelsfrei nachzuweisen, befand die Vorsitzende des Schöffengerichts, Constanze Rammoser-Bode.

Murat M. hatte zuvor erneut betont, er habe eine normale Liebesbeziehung zu Juliane J. pflegen wollen. Sie habe ihm berichtet, „eher wie ein Mann zu fühlen“, jedoch beteuert, ihn sehr gern zu haben. „Ich konnte das nicht verstehen. Darum habe ich ihr gesagt: Wenn ich dich besuche, komme ich nicht, um nur herumzusitzen“, erzählte der Angeklagte. Da habe sie in intime Kontakte eingewilligt. „Außerdem kann sie Karate. Ohne ihr Einverständnis würde ich ihr nie die Klamotten vom Leib reißen.“

Juliane J. – , stoppelkurze Haare, aufgebracht und rekordverdächtig schnellsprechend – bezichtigte Murat M. dreier brutaler Übergriffe, versah ihre Schilderung mit zahlreichen Details. „Das reicht, um dich endlich abzuschieben“, drohte sie in Richtung des Angeklagten. „Lassen Sie sich von dem bloß scheiden“, riet sie der im Zuschauersaal sitzenden Gattin. „Der weiß mit einer Frau überhaupt nichts anzufangen.“

Diplom-Psychologin Katja Erdmann (41) zeichnete vor Gericht ein Bild der Persönlichkeit des vermeintlichen Opfers. So trete Juliane J. betont männlich auf, war früher Mitglied einer rechtsradikalen Clique. Sie leide an einer leichten Intelligenzminderung, habe keine abgeschlossene Berufsausbildung und lebe von Hartz IV. Aus einem Vorgutachten sei eine Alkoholabhängigkeit der Frau bekannt. „Sie ist impulsiv, hat eine geringe Frustrationsschwelle und besitzt eine einfache kognitive Struktur“, so die Gutachterin. Ihre Aussage zum Tatgeschehen verfüge über einen „gewissen Erlebnishintergrund“. Jedoch sei nicht auszuschließen, dass Juliane J. geduldete Intimkontakte im Nachhinein als erzwungenen Sex uminterpretiert habe. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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