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„Es braucht umgehend eine Klarstellung“: Betreuungsangebot für behinderte Jugendliche in Potsdam droht die Schließung
Eine unklare Gesetzesformulierung wird der Nachmittagsbetreuung für behinderte Jugendliche in der Oberlinschule zum Verhängnis. Die Geschäftsführerin hofft auf eine Übergangslösung.
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Ein wichtiges Angebot für behinderte Jugendliche der Oberlinschule Potsdam droht der Bürokratie zum Opfer zu fallen: Wegen der Veränderung der Rechtslage droht der Schulanschluss- und Ferienbetreuung (SAB) der Oberlin-Lebenswelten die Schließung zum 1. März. Dabei werden 15 Jugendliche mit geistigen und körperlichen Behinderungen zwischen Schulschluss und 18 Uhr betreut und unternehmen Freizeitaktivitäten – für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die Eltern zwingend auf die SAB angewiesen.
Bislang hat die Stadt das Angebot finanziert, nun sollen Eltern plötzlich dafür bezahlen: „In erster Linie sind hier die Familien diejenigen, auf deren Rücken eine unklare gesetzliche Regelung ausgetragen wird“, sagt Juliane Höpfner, Geschäftsführerin der Oberlin-Lebenswelten.
Die Ausgangslage ist paradox, denn bis zum 1. Januar 2025 galt die SAB als freiwillige Leistung, die von der Stadt nicht zwingend finanziert hätte werden müssen – die Stadt hatte sich freiwillig dazu bereit erklärt. Seit Beginn des Jahres gilt jedoch eine Änderung des brandenburgischen Kinder- und Jugendgesetzes, laut der die Nachmittagsbetreuung für Jugendliche mit Behinderung ab der 7. Jahrgangsstufe zu einer pflichtigen Leistung wird. „Das ist toll, da damit endlich ein Anspruch darauf gesetzlich geregelt ist und Eltern darum nicht mehr kämpfen müssen“, sagt Höpfner.
Das Ministerium ist gefragt
Doch die Sache hat einen Haken, denn nun wurden die Eltern aufgefordert, Gehalt und Vermögen offenzulegen, um die Kosten im Zweifel selbst zu übernehmen. Grund dafür sei eine unklare Formulierung im Gesetzestext, sagt Höpfner: „Der Fachbereich Soziales und Inklusion der Stadtverwaltung interpretiert diese Formulierung so, als wäre das volle Eingliederungshilferecht anzuwenden.“ Damit müssten sich Eltern an der Finanzierung beteiligen, es geht um bis zu 1000 Euro im Monat.
Die Stadt bestätigt den rechtlichen Sachverhalt auf Nachfrage und zeigt einen Ausweg auf: „Von dieser Kostenbeteiligungspflicht kann abgesehen werden, wenn die Schulanschlussbetreuung der Teilhabe an Bildung dient“, sagt Stadtsprecherin Juliane Güldner. Sprich: Solange die SAB nur als soziales Angebot gilt, ist es Teil der Eingliederungshilfe, wenn es jedoch auch ein Bildungsangebot ist, müsste es von den Eltern nicht selbst bezahlt werden.
„Es braucht umgehend eine Klarstellung vom Ministerium“, sagt Höpfner. Auch die Stadt hat eine entsprechende Anfrage an das Ministerium geschickt. Unabhängig davon müsse Potsdam aber kurzfristig eine Übergangslösung einrichten, um die Schließung der SAB am 1. März noch abzuwenden, fordert Höpfner.
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