Landeshauptstadt: „Es gab nur ein kleines Zeitfenster“
Klaus D. Fahlbusch musste sich beeilen, 1990 noch die Mauer festzuhalten
Stand:
Herr Fahlbusch, was hat Sie damals angetrieben, unmittelbar nach dem Mauerfall die Grenzanlagen zu fotografieren?
Ich kannte Andreas Dresen, der damals noch Regiestudent in Babelsberg war, und auch den Kamerastudenten Andreas Höfer. Als die Mauer fiel, haben die beiden zu mir gesagt: „Klaus, wir müssen das alles fotografieren. Geh mal zur Mauer.“ Also bin ich hin und habe fotografiert. Für mich war das damals nur ein Hobby. Ich arbeitete zu der Zeit noch beim Deutschen Wetterdienst an der Michendorfer Chaussee.
War das Fotografieren sofort nach dem Mauerfall erlaubt? Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt durfte man den „Antifaschistischen Schutzwall“, wie das Bollwerk offiziell hieß, vom Osten aus doch gar nicht fotografieren?
Am Anfang haben mich die Grenzposten noch angeschrien: „Fotografieren verboten!“ Da hatte ich dann doch Angst und habe es sein lassen. Erst Anfang Februar 1990 traute ich mich wieder, mit der Kamera in der Hand durch die Grenzanlagen zu gehen. Später hat es mich sehr geärgert, dass ich nicht einfach von Anfang an weiter fotografiert hatte, egal was die Grenzer sagen.
Im Februar 1990 ging es dann problemlos?
Ja schon, aber ich musste mich beeilen. Man wusste nicht, wie lange Mauer und Stacheldraht noch stehen bleiben würden. Es gab für mich nur ein kleines Zeitfenster bis Ende Februar. Dann begannen bereits die Abrissarbeiten.
In der Ausstellung ist auch ein Foto von Ihnen zu sehen, das Sie in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 in Berlin aufgenommen haben. Es zeigt feiernde Menschen vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.
Ich bin noch am späten Abend des 9. November gemeinsam mit Freunden von Potsdam aus mit dem Auto über Dreilinden nach Berlin gefahren. Wir wollten eigentlich zum Brandenburger Tor. Das haben wir aber nicht gefunden. So fuhren wir eben zum Ku’damm. Die Leute auf den Straßen rund um die Gedächtniskirche waren völlig außer sich und haben gejubelt.
Und Sie hatten in all dem Trubel auch noch an Ihre Passion, die Fotografie, gedacht.
Ja, meine Praktica-Kamera hatte ich eingesteckt. Leider habe ich sie noch in dieser Wahnsinnsnacht aus Versehen irgendwo gegen geschlagen. Dann war das gute Stück kaputt. Fast 25 Jahre lang habe ich gedacht, dass nur ein einziges Bild aus diesem Film überlebt hat. Aber als ich mich im vergangenen Sommer auf die Ausstellung hier vorbereitete, sah ich mit Freuden, dass doch noch auf einem weiteren Negativ etwas zu sehen war. Und das ist genau dieses Foto mit den jubelnden Menschen vor der Gedächtniskirche in Berlin.
Die Fragen stellte Holger Catenhusen
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