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Landeshauptstadt: Es geht um die Wurst

Ein ähnliches Sortiment ist Grund für Streit zwischen den Inhabern eines Backshops und eines Bistros in der Georg-Hermann-Allee

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Jägervorstadt - Wer den „Backshop an der FH Potsdam“ in der Georg-Hermann-Allee betritt, der kann bei den Inhaberinnen Doris Flöter und Christina Schirmag neben Kuchen, Croissants und Brötchen auch Buletten, Würstchen und Kartoffelsalat bestellen. Wenn nicht gerade Semesterferien sind, nutzen überwiegend Studenten von der gegenüberliegenden Fachhochschule dieses Angebot täglich. Bis vor Kurzem konnten sie hier auch ein warmes Schnitzel oder ein Stück Pizza genießen.

Doch damit ist Schluss, seit sich Lutz Krause, Betreiber des nur wenige Meter entfernten Café-Bistros „Herrmann’s“, dadurch in seiner Existenz bedroht sah. Ende 2004 hatte er mit der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba einen Mietvertrag unterzeichnet, der ihn zum Verkauf warmer Speisen berechtigte. Zugleich enthielt der Kontrakt eine Klausel, die Krause vor Konkurrenz in unmittelbarer Nähe schützen sollte. Doch dann eröffneten Flöter und Schirmag wenig später ihren Backshop mit Stehimbiss – und hatten mit ihren Backwaren und warmen Snacks großen Zulauf.

Diese Tatsache erregte den Unmut von Bistro-Betreiber Krause. Mit Verweis auf seine Konkurrenzschutzklausel wandte er sich an die Gewoba. Neben dem Verkauf bestimmter warmer Speisen kritisierte er auch den Ausschank alkoholischer Getränke. Durch die Überschneidung des Angebots verliere er Kunden, so Krause.

„Die Gewoba wusste, was wir hier machen wollen“, sagt Christina Schirmag. Zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin beruft sie sich auf mündliche Absprachen mit Mitarbeitern der Gewoba, die vor der Unterzeichnung des Mietvertrags getroffen worden seien. Demnach war ihnen der Verkauf aufgewärmter Speisen gestattet worden. Im Vertrag sei nur festgeschrieben, dass im Laden nicht gebraten, gekocht oder frittiert werden dürfe. Dafür fehlen den Frauen ohnehin die nötigen Vorrichtungen.

Paragraph 23 des Mietvertrags bleibt ungenau: Darin ist lediglich von einem „backwarenspezifischen Angebot“ die Rede. Was nun genau darunter zu verstehen ist – darüber gehen die Meinungen der beiden Kontrahenten auseinander. Nach einer Aussprache im Februar vergangenen Jahres nahmen Flöter und Schirmag sowohl Alkohol als auch Schnitzel und Pizza aus dem Sortiment.

Doch damit gab sich Konkurrent Krause nicht zufrieden – und beschwerte sich erneut. Die Gewoba beauftragte daraufhin ihren Anwalt Henrik Riebartsch mit dem Fall. Da er keine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien vermitteln konnte, kündigte die Gewoba dem Backshop zum 1. Dezember 2005. Doch Flöter und Schirmag legten Widerspruch gegen die Kündigung ein.

„Wenn wir all das geahnt hätten, wären wir gleich von Anfang an woanders hingegangen“, sagt Schirmag. Zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin investierte sie 15 000 Euro ihres Privatvermögens in die Ausstattung und den Ausbau des Ladengeschäfts. Ihr Unternehmen wird vom Arbeitsamt als „Ich-AG“ gefördert. Sollten sie ihr Geschäft nun aufgeben müssen, stünden sie nach eigener Aussage vor dem finanziellen Ruin . Daher veranlassten die Studenten der gegenüberliegenden Fachhochschule Ende vergangenen Jahres eine Unterschriftenaktion, um Oberbürgermeister Jann Jakobs, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Gewoba ist, zur Schlichtung des Konflikts zu bewegen. Ohne Erfolg.

Ob Jakobs diese Unterschriftenliste je erreicht hat, wissen Doris Flöter und Christina Schirmag nicht. Auf Anraten des Gerichts trafen sie sich in der vergangenen Woche mit Konkurrent Lutz Krause. Denn an einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts sind sowohl der Richter als auch Gewoba interessiert.

„Der Vermieter sitzt zwischen den Stühlen“, so Anwalt Henrik Riebartsch. Ein Bistro, als welches Flöter und Schirmag ihr Ladengeschäft auf dem Schaufenster ausweisen, „kann nicht gewährt werden, weil es dafür keine gewerbliche Genehmigung gibt“. Für ein solches würden andere rechtliche Bestimmungen gelten. Riebartsch verweist darauf, dass die Gewoba den beiden Frauen im Dezember eine Ersatzfläche in der Jägerstraße angeboten hatte. „Das wäre eine elegante Lösung gewesen.“ Darauf seien die Unternehmerinnen jedoch nicht eingegangen. Flöter und Schirmag weisen ihrerseits darauf hin, dass ein Umzug ihres Geschäfts aufgrund der wesentlich höheren Miete nicht in Frage gekommen sei.

„Es liegt jetzt an den Mietparteien, sich auf einen Kompromiss zu einigen“, sagt Henrik Riebartsch. Bis zum 30. März soll dies nun geschehen. Ob es gelingt, hängt von der Bereitschaft zum Entgegenkommen ab. Das sei für Schirmag und Flöter jedoch nur schwer möglich – das Angebot an warmen Speisen mache einen wesentlichen Anteil am Gesamtumsatz aus. „An einem Brötchen für 20 Cent verdient man doch nichts“, sagt Doris Flöter.

Sollten sich Backshop und Bistro einander nicht annähern, wird sich das Gericht weiter mit der Angelegenheit beschäftigen. In diesem Fall könnte ein langwieriger juristischer Streit bevorstehen. „Die Gewoba ist jedoch optimistisch, dass sich beide Parteien einigen werden“, sagt Anwalt Riebartsch. Zum derzeitigen Stand der laufenden Gespräche zwischen den Kontrahenten wollte er sich jedoch nicht äußern. Ebenso wie Bistro-Betreiber Lutz Krause: „Das ist in einer Phase, in der ich nichts dazu sagen möchte.“

Weniger Durchhaltevermögen als Flöter und Schirmag bewies im Herbst vergangenen Jahres der Besitzer eines Kosmetikstudios: Nur wenige Monate nach der Eröffnung räumte er sein Geschäft – aufgrund von Streitigkeiten mit einem Friseur. Auch in diesem, die Gewoba betreffenden Fall ging es um die so genannte Konkurrenzschutzklausel.

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