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INTERVIEW: „Es gibt keinen Anspruch darauf, dass der Adler so bleibt“

Herr Landtagspräsident, ein weißer Adler im neuen Landtag, wie sind denn die Reaktionen?Wir bekamen seit Ende Mai, als die Entscheidung der Kunstkommission fiel, über 30 Beschwerden per Brief oder E-Mail.

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Herr Landtagspräsident, ein weißer Adler im neuen Landtag, wie sind denn die Reaktionen?

Wir bekamen seit Ende Mai, als die Entscheidung der Kunstkommission fiel, über 30 Beschwerden per Brief oder E-Mail. Hinzu kommen Beschwerden von Bürgern aus den verschiedensten Wahlkreisbüros von Abgeordneten des Landtages. Also keinesfalls nur Potsdamer Bürger. Und dazu viele Anrufe.

Was antworten Sie auf die Beschwerden?

Auch wenn ich persönlich eine große Affinität zu dem roten Adler habe, respektiere ich die Entscheidung der Kunst- und Ausstattungskommission. Kunstobjekte haben ja auch die Aufgabe, dass man sich an ihnen reiben kann. Der Adler im Plenarsaal des Bundestages, im Volksmund als „fette Henne“ bezeichnet, ist ein gutes Beispiel dafür.

Architekt Peter Kulka wollte einen weißen Adler und warnte, ein roter würde ausssehen wie ein Blutfleck auf der Wand. Muss der weiß bleiben, wie soll damit umgegangen werden?

Die Kunst- und Ausstattungskommission des Landtages Brandenburg, in der alle Fraktionen vertreten sind, hat die Entscheidung zum Wappentier im Plenarsaal nach längerer Abwägung der verschiedenen Entwürfe getroffen. In erster Linie ging es dabei um eine Entscheidung über ein Kunstwerk. Die Argumente des Architekten Peter Kulka waren letztlich in der Diskussion ausschlaggebend. Er hat die Abgeordneten davon überzeugt, dass der Adler als heroisches Wappentier an zentraler Stelle im Plenarsaal eher zurückhaltend modern und hell erscheinen sollte. Er sagte, dass der Adler im Plenarsaal auch nicht als ein Hoheitszeichen verstanden werden soll, sondern seine Sensibilisierung im Zusammenhang mit dem Raum ausdrücken. Rote Farbe auf dem weißen Grund würde ihn aggressiv erscheinen lassen. Der Landtag hat sich für diese Art der Ausführung entschieden, da der weiße Adler das gesamte neue Raumgefüge mit seinen lichten und weißen Räumen unterstützt.

Aber es gibt doch in der Verfassung die klare Vorgabe, dass das brandenburgische Wappentier ein roter Adler auf weißem Grund ist.

Deshalb wird das 1,80 Meter große Kunstwerk von Professor Kulka im Plenarsaal flankiert von der Landesfahne mit dem roten Wappenschild, die zusammen mit der Europa- und Bundesflagge unmittelbar neben der Bronzetür aufgestellt werden. Selbstverständlich wird es möglich sein, künftig auch andere Vorstellungen der Abgeordneten umzusetzen. Es gibt keinen Anspruch darauf, dass der Adler so bleibt. Wir sollten daher dem Kunstwerk eine Chance geben und das Parlament und die Bürger diese Kunst erst einmal erleben lassen.

Das Interview führte Alexander Fröhlich

Gunter Fritsch, 70, ist seit 2004 Präsident das Landtages Brandenburg. In den Landtag wurde er erstmals 1999 gewählt. Er war fünf Jahre lang SPD-Fraktionschef.

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