Landeshauptstadt: „Es hat sich so ergeben!“
Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes/Bewährungsstrafe
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Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes/Bewährungsstrafe Von Gabriele Hohenstein Als André Sch. (29) dem Schöffengericht mitteilt, er wolle ein umfassendes Geständnis ablegen, hat er sofort gute Karten. Schließlich erspart er damit seinem Opfer, noch einmal mit ihm konfrontiert zu werden. Steeven war 13 Jahre alt, als er laut Anklage von dem Freund der Familie sexuell missbraucht wurde. Er habe die Mutter des Jungen während seiner Ausbildung zum Restaurantfachmann kennen gelernt, berichtet der Angeklagte. Nein, ein Verhältnis habe er mit der Frau nicht gehabt. „Es war nur Freundschaft. Wir haben zusammen gelernt, aber auch in der Freizeit einiges unternommen“, erzählt André Sch. So sei er mit der Alleinerziehenden und deren drei Kindern Baden und Angeln gefahren, habe sie auf den Weihnachtsmarkt oder zum Einkaufen begleitet. Oft sei er in der Wohnung gewesen. „Dann sind wir alle sehr freizügig miteinander umgegangen“, schätzt der Mann ein – sehr zur Verwunderung der Richterin. „Ich habe aber niemanden genötigt, Sachen zu tun, die er nicht wollte“, wiegelt André Sch. ab. „Alles war so harmonisch. Es hat sich einfach so ergeben.“ Es – das war an einem Herbsttag des Jahres 2001 der gemeinsame Aufenthalt mit Steeven in der Badewanne, aus dem plötzlich mehr wurde. Obwohl sich der Verteidiger nach Kräften bemüht, die Schuld seines Mandanten kleinzureden, dem 13-Jährigen sexuelle Neugier und leichte Verführbarkeit anlastet, der Mutter gar mangelnde Aufsicht vorwirft, stößt er auf wenig Verständnis beim Gericht. „Was Ihr Mandant getan hat, ist strafbar. So etwas darf sich in dieser Form auf keinen Fall wiederholen“, mahnt die Vorsitzende und fordert den Angeklagten auf, aus seinem Leben zu berichten. Schnell wird klar, dass André Sch. eigentlich nicht auf kleine Jungs steht. „Ich habe seit kurzem eine Freundin und werde demnächst in ihrem Zeitungsladen arbeiten“, verkündet er froh. Nicht immer war die berufliche Perspektive des Mannes gesichert. Einst Bankangestellter, verkaufte er später Versicherungen und absolvierte eine Umschulung zum Restaurantfachmann. Dann habe er bemerkt, dass Gastronomie „nicht unbedingt sein Ding“ sei. Zudem tränke er regelmäßig Alkohol. Das Schöffengericht verurteilt André Sch. wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung „Vielleicht haben Sie selbst einmal Kinder. Dann werden Sie sehen, dass so etwas in keiner Weise zu billigen ist“, betont die Vorsitzende abschließend.
Gabriele Hohenstein
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