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Landeshauptstadt: „Es ist beschämend“

Stadtparlament stützt Jakobs: Keine Abschiebungen

Stand:

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kritisiert Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU): In einer intensiv geführten Debatte in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung über das von ihm im Sommer verhängte faktische Abschiebestopp für geduldete Ausländer in Potsdam sagte Jakobs, er wünsche sich, „der brandenburgische Innenminister würde auch so progressiv entscheiden, wie der Berliner Innensenator“. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte einen befristeten Abschiebestopp für Berlin erlassen. Schönbohm dagegen lehnt es ab, dem für Brandenburg zu folgen.

Jakobs legte nach: Wenn Schönbohm selbst nicht auf die Idee komme, brauche er eben ein wenig „Nachhilfeunterricht“. Der Oberbürgermeister bezog sich mit dieser Bemerkung auf den zur Debatte stehenden Antrag der Linkspartei.PDS, wonach das Stadtparlament das Vorgehen Jakobs ausdrücklich begrüßen möge. Dieser Antrag fand eine große Mehrheit. Der Linkspartei-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg nannte die Entscheidung von Jakobs, Ausländer mit begrenzter Aufenthaltsgenehmigung vorerst bis Jahresende nicht abzuschieben, „die gute Nachricht dieses Sommers“. Seine Begründung: Bis zum Herbst solle es eine Entscheidung auf Bundesebene in der Asylpolitik geben. Zu befürchten sei, dass es vorher noch zu einer verstärkten Abschiebung komme. Wie SPD-Fraktions-Chef Mike Schubert sagte, sollten noch Fakten geschaffen und Familien auseinander gerissen werden. Daher begrüße er die Entscheidung von Jakobs.

Steeven Bretz monierte dagegen, der Oberbürgermeister könne gar kein Abschiebestopp verhängen. Das wäre eine Kompetenzüberschreitung, erklärte der CDU-Fraktionschef. Seinen Informationen nach gebe es derzeit 245 Ausländer in Potsdam, „die ausreisepflichtig wären“.

Der Oberbürgermeister bedankte sich bei Bretz für „die Belehrung“. Er habe sich in der Tat nur auf dem Weg von Einzelfall-Entscheidungen für ein Verbleiben aller Betroffenen in Potsdam ausgesprochen. Dies sei nötig gewesen, denn es spielten sich „unglaubliche Dinge ab in den Familien“. Eltern dürfen nicht arbeiten, die Kinder zwar gute Zeugnisse erhalten, aber keine Ausbildung aufnehmen, ausländische Spieler in Sportmannschaften dürfen nicht ins Trainingslager mitfahren. „Es ist beschämend“, so Jakobs. Und weiter: „Wir können auf fähige Menschen, die schon so gut wie integriert sind, nicht verzichten.“ gb

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