POSITION: Es ist ein erster, aber großer Schritt
Selbst jene, die sich das nicht vorstellen konnten, können heute mit dem Schloss leben
Stand:
Eine Vision ist Wirklichkeit geworden. Die Potsdamer Mitte entsteht neu. Und die Eröffnung des Brandenburger Landtages am Samstag ist dafür ja nur ein erster, wenn auch sehr großer Schritt. Aus der innerstädtischen Brache der Jahrtausendwende entsteht ein neuer, eigener Stadtteil. Ich jedenfalls freue mich in diesen Tagen, diese Wunschvorstellung – trotz einiger Schwierigkeiten – nie aus den Augen verloren zu haben.
Ein wichtiger Baustein war dabei gewiss die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung, den Theaterrohbau abreißen zu lassen. So wurde der Weg frei für neue Perspektiven am Alten Markt. Ohne diese Weichenstellung, auch ohne das Wirken des ehemaligen Potsdamer Ministerpräsidenten Matthias Platzeck gäbe es kein Landtagsschloss, keine Kunsthalle mit der Hasso-Plattner-Sammlung, keine Leitbauten, keine neue Mitte. Die Potsdamer Bürgerinnen und Bürger haben die Entscheidung getroffen. Wir haben alle auf den Weg mitgenommen. Und auch das ist wahr in diesen Tagen: Selbst diejenigen, die sich das damals nicht vorstellen konnten, können heute mit dem neuen Landtag im Stadtschlossgewand leben.
Ich finde, dass man sich das noch einmal ins Gedächtnis rufen muss, um die herausragende Bedeutung für die Entwicklung des historischen Ortes gewahr zu werden. Ich habe mir das gewünscht. Und dennoch: Ich bin überwältigt, wenn ich neben dem Obelisk stehe und auf das Landtagsschloss blicke. Die Landeshauptstadt Potsdam hat ihre städtebauliche Mitte wiedergewonnen – sie hat ihr Herz zurückbekommen.
Ein wichtiger Beitrag war die Spende von Günther Jauch in Form des Fortunaportals im Jahr 2002. Natürlich sind die vielen anderen Geldgeber sowie Unterstützerinnen und Unterstützer von der Bürgerinitiative „Mitteschön“ bis zum Verein Potsdamer Stadtschloss zu nennen. Und ganz besonders natürlich Professor Hasso Plattner, der mit seiner großzügigen Spende für die Fassade und dann noch das Kupferdach einen entscheidenden Beitrag für das großartige Erscheinungsbild geleistet hat.
In der Folge haben wir die Entwicklung der Potsdamer Mitte weiter vorangetrieben und mit dem Integrierten Leitbautenkonzept qualifiziert. Ich möchte aus dem Eingangsstatement der Vorlage nur folgendes zitieren, um die Bedeutung des Landtagsschlosses noch einmal hervorzuheben: „Mit der Entscheidung zum Neubau des Brandenburgischen Landtages am Standort des Stadtschlosses wurde der entscheidende Impuls zur Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte gegeben. Der Blick von der Nikolaikirche verdeutlicht die städtebaulichen Konsequenzen, die mit dem Neubau des Landtages verbunden sind. Diese Bebauung prägt das Umfeld, die gesamte Fläche zwischen Altem Rathaus mit Knobelsdorff-Haus, der Alten Fahrt, dem Havelufer und dem heutigen Fachhochschulkomplex mit dem Veränderungspotenzial bis zum Platz der Einheit.“
Zusammen mit der Nikolaikirche und dem Alten Rathaus lässt der Neubau des Landtages in Gestalt des ehemaligen Stadtschlosses die faszinierende Wirkung des einst so berühmten architektonischen Ensembles um den Alten Markt neu entfalten. An der Alten Fahrt entstehen Wohn- und Geschäftshäuser im Wechselspiel zwischen Rekonstruktion und Moderne. Bei insgesamt sieben Gebäuden werden die historischen Fassaden wiederhergestellt, darunter die Palazzi Chiericati und Pompei sowie der Plögersche Gasthof. Mit dem gleichfalls wiederhergestellten Palast Barberini und der von Hasso Plattner gestifteten Museums-Sammlung entsteht gleichzeitig ein neuer Besuchermagnet von internationalem Format. Der Otto-Braun-Platz zwischen Landtag und Langer Brücke wird künftig als lebendiger Stadtplatz mit Cafés und Restaurants ebenso wie die Uferpromenade die Eingangssituation zur Potsdamer Mitte von der Langen Brücke aus prägen. Damit ist aber nur ein Teil der künftigen Entwicklung beschrieben. Vis-à-vis des Landtags im Lustgarten wird 2014 eine international und interdisziplinär besetzte Planungswerkstatt über die künftige Weiterentwicklung des Lustgartens beraten. Im nördlichen Bereich ist die Stadt- und Landesbibliothek zu einem vielseitigen Bildungsforum mit großer Anziehungskraft umgebaut worden.
Auch westlich des Alten Marktes wird ein neues Quartier errichtet. Zudem beginnen wir in diesem Jahr mit dem denkmalgerechten Umbau des Brockeschen Palais, der Errichtung des ersten Bauabschnitts des Langen Stalls sowie den Gründungsarbeiten für den Turm der Garnisonkirche. Nach dem möglichst baldigen Abriss des Rechenzentrums entsteht die ehemalige Plantage als attraktive und vielfältig nutzbare Grünfläche neu. Im letzteren Fall sind wir aber, wie beim Abriss des Fachhochschulgebäudes, von Entscheidungen der Landesregierung abhängig, die noch ausstehen.
Alles in allem sehen wir einer glänzenden Entwicklung der neuen Potsdamer Mitte entgegen. Der neue Landtag ist nach der sanierten Nikolaikirche und dem Alten Rathaus ein echter Hingucker geworden. Auswärtige Besucher sagen schon jetzt zu mir, wir hätten das Schloss wunderbar saniert. Es ist so, als hätte am Alten Markt niemals etwas anderes gestanden.
Der Autor ist Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam
Jann Jakobs
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