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Landeshauptstadt: „Es reicht“

Zehn Jahre Stadtpolitik sind genug: Eberhard Kapuste verkündet seinen Abschied

Stand:

Einen Dackel wird sich Eberhard Kapuste nicht kaufen, um fortan nur noch spazieren zu gehen.

Eberhard Kapuste hat sich für den Abschied entschieden. Vor Jahren schon, doch offiziell bekannt hat er es erst jetzt gemacht. Zehn Jahre als Stadtverordneter für die CDU, davon fünf Jahre Vorsitzender im Kulturausschuss, sind genug. Eberhard Kapuste ist 71 Jahre alt. „Es reicht“, sagt er in seiner bekannten trockenen und unaufgeregten Art. Es gibt Politiker in Potsdam, die schon seit 1990 Stadtverordnete sind. Allein bei diesem Gedanken schüttelt Eberhard Kapuste seinen Kopf, als wolle er einen Widerwillen abschütteln. Für ihn ist das unvorstellbar. Schnell fügt er noch hinzu, dass dies jetzt aber nicht wertend zu verstehen sei. Er wolle nur endlich die Dinge machen, die er schon so lange vor sich her geschoben hat.

Als Eberhard Kapuste im Frühjahr 1994 von Düsseldorf, wo er zuletzt als Oberst im Generalstabsdienst der Bundeswehr gearbeitet hatte, nach Potsdam kam, wollte er auch endlich das machen, was die Jahre zuvor zu kurz gekommen sei, sagt Kapuste. Er war jetzt schließlich Pensionär. „Doch ich bin nicht nach Potsdam gekommen, weil ich wie andere Offiziere bei dem Wort allein schon glänzende Augen bekomme.“ Keine Preußentümmelei, er hatte Potsdam wegen der Schönheit ausgesucht. „Damals noch eine vor sich hin dümpelnde Schönheit“, sagt Kapuste. Viele Häuser in der Innenstadt waren reinste Ruinen, „die Gastronomie eine reinste Katastrophe“. Aber er hat sofort gespürt, dass in dieser Stadt etwas passiert.

„Ich bin in Berlin geboren, aufgewachsen aber in München“, sagt er. In München sei alles fertig, alles erledigt. Ein Entwicklungspotenzial wie es Potsdam bis heute hat, gab es dort nicht mehr. Kapuste, der als Offizier regelmäßig versetzt wurde und sich immer wieder an neue Städte gewöhnen musste, brauchte diese gewisse Unruhe auch nach seiner Pensionierung. Bloß keinen Stillstand. „Ich wollte zwar nicht mehr arbeiten, trotzdem aber etwas tun.“ Als er dann nach Potsdam kam, bot er zuerst der CDU seine Hilfe an. Seit 1972 ist Eberhard Kapuste Mitglied in der Christlich Demokratischen Union Deutschlands. Doch erst jetzt hatte er die Zeit, sich stärker für die Partei zu einzusetzen. Und in Potsdam war das bitter nötig.

„Die CDU befand sich in einem desolaten Zustand“, sagt Kapuste. Er spricht von Umbruch und Neuanfang. Von aktiver Mitgestaltung in Sachen Stadtpolitik konnte keine Rede sein. Zuerst hat er die „Potsdamer Sichtachse“ gegründet. Anfangs reines Parteiblatt, ab 1999 dann Zeitung der CDU-Stadtfraktion, wo es nicht mehr um parteipolitische Ansichten sondern vor allem um eine Berichterstattung aus der Stadtverordnetenversammlung ging. Vor wenigen Wochen hat Eberhard Kapuste eine Sammlung seiner Satiren der vergangenen Jahre aus der „Potsdamer Sichtachse“ unter dem Titel „Potsdamer Ansichten“ herausgebracht. Das Geld aber, das er durch den Verkauf der 250 Exemplare und durch Spenden verdient, soll nicht seine Unkosten decken. Kapuste spendet es dem Potsdamer Kunstverein und unterstützt so den Ankauf eines Gemäldes des Potsdamer Malers Bernd Krenkel. Die ersten 1250 Euro hatte er dem Vereinsvorsitzenden Andreas Hüneke am vergangenen Freitag übergeben.

Zur Kommunalwahl im Jahr 1998 stand Kapuste zum ersten Mal mit auf der Kandidatenliste und wurde neben fünf weiteren CDU-Mitgliedern in die Stadtverordnetenversammlung gewählt.2003 stellte er sich wieder zur Wahl. Schon damals wusste er, es würde die letzte sein. „Eine einfach Rechnung“, sagt er. Kapuste hat die kommenden fünf Jahre bis zur nächsten Wahl dazugezählt und da stand dann die Zahl: 71 Lebensjahre. Eberhard Kapuste klammert nicht. Irgendwann muss Schluss. „Und die wenigen Jahre, die einem noch bleiben, will ich dann auch entsprechend nutzen.“ Es ist ein Satz, der einen erschreckt. Denn wer den aktiven und umtriebigen Mann kennt, denkt an alles, aber nicht an das Alter und die damit verbundene endgültige Konsequenz.

Die stundenlangen Stadtverordnetenversammlungen, Kapuste nennt sie „Marathonsitzungen“, wird er kaum vermissen. Den Kulturausschuss dagegen schon. „Die Arbeit hat mir immer Spaß gemacht.“ Es spricht von einem guten Klima. Man habe Auseinandersetzungen nie gescheut, doch im Sinne der Kultur immer nach einem Konsens gesucht. „Wenn wir den mal nicht gefunden haben, sind wir aber nie im Streit auseinander gegangen.“ Eberhard Kapuste wird das nicht hören wollen und nur kurz mit der Hand abwinken, aber vor allem auch seine souveräne, diplomatische, konsequente und humorvolle Art den Ausschuss zu leiten wird erheblich dazu beigetragen haben.

Zufrieden blickt Kapuste auf seine Zeit als Stadtverordneter und Ausschussvorsitzender zurück. Der neue Standort für das Potsdam Museum, die kulturpolitischen Konzepte, die eine Schwerpunktsetzung bei der Förderung von Kultur in den kommenden Jahren vorsieht – viele Dinge sind in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht worden. Wird er diese Teilhabe, das aktive Mitgestalten nicht vermissen?

Eberhard Kapuste lächelt sein feines Lächeln und schüttelt den Kopf. Sein Rückzug ist ja nicht absolut. Beratend wird er auch weiterhin zur Verfügung stehen. Aber es ist an der Zeit, Dinge nachzuholen. Er möchte jetzt reisen, nach Sachsen beispielsweise, wo er noch nie war. Spazieren wird er dort bestimmt auch. Aber wie schon gesagt: Ohne Dackel.

Dirk Becker

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