Mensen in Potsdam: Essen unter Stress
Goethe-Schule und Suttner-Gymnasium klagen über unhaltbare Zustände in viel zu kleiner Mensa
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Es ist schwer vorstellbar, dass in diesem schmalen Raum, in dem elf Tische mit jeweils sechs Stühlen stehen, 360 Schüler jeden Tag ihr Mittagessen einnehmen sollen. Ein größeres Klassenzimmer ist es, den Namen Mensa hat der Raum kaum verdient. Die Schulglocke hat gerade zur Mittagspause geläutet. Innerhalb weniger Minuten reicht die Schlange der Kinder, die auf ihr Mittagessen warten, von der Essensausgabe bis zum Eingang auf dem Gelände der Goethe-Schule in Potsdam-Babelsberg. Neben Grundschülern stehen auch Schüler des Suttner-Gymnasiums für ihr Mittagessen an. Denn beide teilen sich die Kantine. Diejenigen, die ihre Portion Nudeln mit Gulasch oder Hefeklöße bekommen haben, müssen sich beeilen: Zehn Minuten haben sie rein rechnerisch Zeit, um den Teller zu leeren und Platz für die nächsten Kinder zu machen.
Anita Tack, Landesministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (Die Linke), machte sich am gestrigen Mittwoch vor Ort ein eigenes Bild der schwierigen Lage. Schulspeisung sei ihr als Gesundheitsministerin ein wichtiges Thema. Als Verantwortliche der Stadtwaren auch Iris-Jana Magdowski, Beigeordnete für Bildung, Kultur und Sport (CDU), und Bernd Richter, Werkleiter des Kommunalen Immobilienservice (KIS), zum Gespräch gekommen. Zuvor hatten sich Vertreter der Elternkonferenz mit einem Brief an die Fraktionen des Stadtparlaments gewandt. Anja Thomaschewski, Leiterin der Goethe-Grundschule, wurde daraufhin in den Bildungsausschuss geladen.
„Trotz Staffelung der Essenszeiten müssen hier etwa 140 Kinder gleichzeitig essen“, beschreibt Astrid Thorak, Leiterin des Suttner-Gymnasiums. Plätze gebe es aber nur für 66 Kinder. Eine Verdopplung der bisherigen Essensplätze sei daher notwendig, um die Situation wenigstens zu entschärfen.„Die Situation hier ist noch brisanter als an der Voltaire-Gesamtschule“, verdeutlicht Magdowski. Die Politikerin will nun den KIS damit beauftragen, Vorschläge zu erarbeiten, wie mehr Essensplätze geschaffen werden können. Die Prüfungen der baurechtlichen Grundlagen und des Denkmalschutzes könnten bereits in etwa zwei Monaten abgeschlossen sein, so Richter. Wann und ob gebaut werden könnte, ist hingegen völlig offen.
Anja Thomaschewski und Astrid Thorak haben sich bereits eigene Gedanken gemacht, wo zusätzlicher Platz für die Mensa geschaffen werden kann: „Wir favorisieren den Bau eines Wintergartens an das bisherige Mensagebäude“, erklärt Thomaschewski. Doch auch eine Turnhalle auf dem Schulgelände oder die Aula des Goethe-Hauses könnten in Zukunft als Mensa dienen, zieht KIS-Chef Richter in Betracht. Diese Vorschläge sehen die Lehrerinnen hingegen kritisch. „Die Aula liegt im oberen Stockwerk des Goethe-Hauses und mit der Turnhalle würde eine weitere Sportstätte wegfallen“, so Schulleiterin Thorak.
Die Warteschlange reicht inzwischen weit über den Schulhof. Der Lautstärkepegel in der beengten Mensa ist enorm. Anneke Naumann, Elternsprecherin und Mutter von zwei Grundschulkindern, beschreibt, wie es ihren Kindern ergeht: „Die Essenspause dauert 30 Minuten. Doch manchmal gehen die Kinder gar nicht mehr zum Mittagessen, weil die Warteschlange einfach so lang ist. Sie haben Angst, nicht rechtzeitig zum Unterricht zurück zu sein.“ Heike Kampe
Heike Kampe
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