Landeshauptstadt: EU-Recht verbietet freie Tickets für Potsdamer Experten: Position der Stadtverordneten zum Parkeintritt widerspricht Römischen Verträgen
Eine Regelung, nach der von Touristen, nicht aber von Potsdamern Eintritt in die Parkanlagen der Preußischen Stiftung Schlösser und Gärten verlangt wird, wäre mit dem EU-Recht unvereinbar. Sowohl Marten Breuer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der juristischen Fakultät der Universität Potsdam, als auch Mike Thiede, Referatsleiter Haushalt der Schlösserstiftung, erklärten gestern gegenüber den PNN: Eine die Potsdamer bevorzugende Verfahrensweise, wie es die Stadtverordneten in ihrem Beschluss von vergangener Woche empfehlen (PNN berichteten), wäre rechtswidrig.
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Eine Regelung, nach der von Touristen, nicht aber von Potsdamern Eintritt in die Parkanlagen der Preußischen Stiftung Schlösser und Gärten verlangt wird, wäre mit dem EU-Recht unvereinbar. Sowohl Marten Breuer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der juristischen Fakultät der Universität Potsdam, als auch Mike Thiede, Referatsleiter Haushalt der Schlösserstiftung, erklärten gestern gegenüber den PNN: Eine die Potsdamer bevorzugende Verfahrensweise, wie es die Stadtverordneten in ihrem Beschluss von vergangener Woche empfehlen (PNN berichteten), wäre rechtswidrig. Breuer zufolge würde eine derartige Eintrittsregelung gegen das EG-Recht der Römischen Verträge vom 25. März 1957 verstoßen – den Gründungsverträgen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) schlechthin. Diese legen für vier Grundfreiheiten fest: Niederlassungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit. Breuer erklärte: „Das EG-Recht verbietet eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus Gründen der Staatsangehörigkeit.“ Es liegt „eine verdeckte Diskriminierung vor, wenn Bedingungen aufgestellt werden, die nur von Deutschen erfüllt werden können, nicht aber von Belgiern oder Franzosen“, sagte Breuer. Ein ausländischer Tourist könnte sein Eintrittsgeld in die Potsdamer Parks in einem Schadensersatzprozess zurückfordern. Beklagter sei dann die Bundesrepublik, denn die Schlösserstiftung öffentlichen Rechts sei der Bundesrepublik zuzuordnen. Weiterhin könnte die EU–Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einleiten. Letzteres ist in einem ähnlichen Fall gegen den Staat Italien bereits erfolgt: Mit seinem Urteil vom 16. Januar 2003 kippte der EuGH ein italienisches Dekret, dass Kindern und Jugendlichen aus Italien sowie älteren Italienern „diskriminierende Tarifvorteile für den Zugang zu öffentlichen Museen, Denkmälern sowie Parkanlagen und Gärten“ einräumte. Quintessenz des Urteils: Eintrittserlässe müssen für alle EU-Bürger gelten. Dieses Urteil wird die Schlösserstiftung in ihrer Vorlage für den Stiftungsrat berücksichtigen, erklärte Stiftungsfinanzexperte Thiede. Der Stiftungsrat wird auf seiner Sitzung am 20. Dezember (eine „Weihnachtsüberraschung“, so Thiede) entscheiden, ob die Satzung verändert wird, die derzeit noch einen freien Zugang zu den Parks und Gärten vorschreibt. Bei einer Satzungsänderung könnte es für Anwohner eine Jahreskarte für den Parkeintritt geben, die „ganz bewusst nicht Anwohnerkarte“ heißt, so Thiede. Auch Touristen könnten diese Jahreskarte für mehrmalige Besuche kaufen. Thiede zufolge könnte der Eintritt innerhalb einer Spannbreite zwischen 0,50 und vier Euro liegen, werde aber nicht für alle Parks gelten, beispielsweise nicht für den Park am Schloss Königs Wusterhausen, dessen Pflegezustand dies nicht rechtfertige. Thiede begründete die Eintrittspläne mit dem Finanzbedarf der Stiftung: So fehlten einer Studie zufolge 40 Gärtner: Für 5,9 Hektar gebe es einen Gärtner, in den königlichen Herrenhäuser Gärten Hannover komme dagegen ein Gärtner auf 1,2 Hektar. Guido Berg
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