
© Andreas Klaer
Stadtwerke-Affäre: EWP: Mehr Aufträge für Stasi-Offiziere
Stadtwerke: Spitzel-Affäre weitet sich aus
Stand:
Potsdam – In der Spitzel-Affäre geraten die Manager und Aufsichtsräte der Potsdamer Stadtwerke und deren Tochterunternehmen zunehmend in Erklärungsnot. Denn neben der Sicherheitsfirma UP-Sicherheitsmanagement hatte die Energie und Wasser Potsdam GmbH noch eine zweite, ebenfalls von einem ehemaligen DDR-Geheimdienstmitarbeiter geleitete Berliner Sicherheitsfirma engagiert. Über die Aufträge an die UP war Stadtwerkechef Peter Paffhausen in der Vorwoche gestürzt. Die Detektei soll in seinem Auftrag den Chef der Potsdamer Wohnungsbaugesellschaft Gewoba, Horst Müller-Zinsius, bespitzelt haben. Insgesamt soll die UP auf Veranlassung Paffhausens Aufträge über insgesamt eine Million Euro erhalten haben. Aufträge für mindestens 500 000 Euro konnte Paffhausen nicht konkret untermauern. Diese seien für sonstige Sicherheitsleistungen gezahlt worden. Die UP-Sicherheitsmanagement war von 1999 bis April 2011 für die EWP tätig.
Doch nun musste die EWP auf PNN-Nachfrage einräumen, dass mit der Unternehmenssicherheit eine andere Firma beauftragt war: die SAS Spree-Alarm Sicherheitssysteme – ebenfalls aus Berlin und wie die UP geleitet und gegründet von einstigen Stasi-Offizieren. Diese waren auch zuständig für die Kamera- und Videoüberwachung und die Zutrittssteuersysteme sowie die Zeiterfassung für alle Mitarbeiter. Mit diesen Daten kann theoretisch komplett überwacht werden, wer wann das Unternehmen betritt und verlässt und wer zum Unternehmen gehört und wer nicht. Ob die Firma auch Zugriff auf Kommunikationsdaten und Verbindungsübersichten der Betriebstelefone hatte, blieb unklar.
Die EWP teilte zudem am Donnerstagabend auf Anfrage mit, der Vertrag mit der SAS sei wie der mit der UP im Zuge der Spitzel-Affäre gekündigt worden. Warum auch der SAS-Vertrag gelöst wurde, obwohl die ursprünglichen Vorwürfe nur die UP betrafen, blieb unklar. Nach PNN-Informationen soll die SAS zumindest noch bis Mittwoch über Datenleitungen die Möglichkeit gehabt haben, auf wichtige Unternehmensdaten von außen zuzugreifen. Ob diese Leitungen und Zugangsberechtigungen noch bestehen, blieb unklar.
Die EWP teilte nun mit, auch die Aktivitäten und die Auftragsvergabe an die SAS sei Gegenstand der Tiefenprüfung, die nach dem erzwungenen Abgang Paffhausens von der Unternehmenspitze und der Spitzel-Affäre eingeleitet wurde. Das Unternehmen sicherte aber zu, dass „zeitnah“ auch Mitarbeiter und Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Tiefenprüfung informiert würden.
Unterdessen wächst in der Stadtwerke-Affäre der Druck auf Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die CDU forderte ihm am Donnerstag auf, seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der EWP und Stadtwerke bis zur Klärung aller Vorwürfe ruhen zu lassen. Die FDP will das Stadtparlament darüber entscheiden lassen, ob die Stadt prüfen soll, gegen Paffhausen eine Anzeige wegen Untreue zu stellen. Potsdams FDP-Chef Marcel Yon hatte Jakobs bereits angedroht, ihn wegen Untreue anzuzeigen, weil er Paffhausen trotz Verfehlungen nicht fristlos gekündigt, sondern offenbar eine Abfindung ausgehandelt habe. Deren Höhe ist unbekannt. Jakobs hatte noch am Mittwochabend bekräftigt, dass er bis heute keine Notwendigkeit für die Abberufung Paffhausens sehe. S. Schicketanz, P. Tiede
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: