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Von Henri Kramer: Ex-Educon-Chefin im Ausland?

Ex-Potsdamerin nach Großbritannien umgezogen / Neue Strafanzeige des Bildungsministeriums

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Potsdam/ Berlin - Die Affäre um den mit massiven Betrugsvorwürfen konfrontierten Bildungsdienstleister Educon ist um eine Wendung reicher. Die frühere Firmen-Chefin, eine der vier Hauptbeschuldigten im Ermittlungsverfahren der Potsdamer Staatsanwaltschaft gegen Educon-Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug und Untreue, wohnt schon seit 10. Juli vergangenen Jahres nicht mehr in Deutschland. So steht es in internen Datensätzen der Polizei, die den PNN vorliegen. Als Aufenthaltsort für die 48-Jährige Frau wird Großbritannien angegeben, Ort und Straße aber nur unter dem Vermerk „unbekannt“. In Großbritannien gibt es – anders als in Deutschland – für Personen keine Meldepflicht.

Der Umzug ist brisant, weil gegen die frühere Potsdamerin im Zusammenhang mit Educon massive Vorwürfe erhoben werden. Der Fall des Bildungsdienstleisters Educon sorgt seit dem vergangenen Frühjahr für immer neue Schlagzeilen. Erst hatte es eine Razzia der Staatsanwaltschaft gegeben. Kurz darauf hatte das brandenburgische Bildungsministerium drei staatlich geförderte Privatschulen der Educon-Gruppe in Potsdam und Cottbus geschlossen, Eilanträge gegen die Entscheidung wurden vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg abgelehnt. Es ging vor allem um den Verdacht, dass Educon im Schuljahr 2009/10 in mehr als 500 Fällen Schülerzahlen gefälscht habe, um Zuschüsse von 4500 Euro pro Schüler zu erschleichen. Auch für die Jahre davor vermuten Ermittler laut den PNN vorliegenden Polizeivermerken Manipulationen mittels verfälschter Klassenbücher – um Zuschüsse zu erschleichen. Die Educon-Gruppe bestreitet alle Vorwürfe. Anfang September hieß es, ein britischer Investmentfond habe Educon erworben. Dennoch ruht der Geschäftsbetrieb inzwischen weitgehend, Internetseiten der einst deutschlandweit aktiven Unternehmensgruppe sind nicht mehr abrufbar.

Das Landesbildungsministerium versucht nun den Druck zu erhöhen. „Wir haben eine neue Strafanzeige wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gestellt“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding den PNN auf Anfrage. So hatte das Land nach eigenen Angaben für die Schuljahre 2008/09 und 2009/10 Fördergelder in Höhe von insgesamt rund acht Millionen Euro von Educon zurückgefordert – allerdings bislang ohne Ergebnis.

Zuletzt hatte auch der Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) einer kleinen, in Berlin-Adlershof gelegenen Privat-Hochschule von Educon „wegen ungenügender Infrastruktur für Studium und Lehre“ die staatliche Anerkennung entzogen. Immer noch melden sich bei den PNN fast wöchentlich Schüler und Ex-Dozenten, die von Educon Zeugnisse, Löhne oder Schadensersatz verlangen. Doch ohne Erfolg: Selbst gerichtlich bestätigte Forderungen könnten nicht mehr zugestellt werden, heißt es von den Betroffenen; an den einstigen Educon-Standorten sei niemand anzutreffen.

Derweil dauern die Ermittlungen bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft weiter an, bestätigte Behördensprecher Ralf Roggenbuck. Nicht kommentieren wollte er die Frage, ob die Staatsanwaltschaft den neuen Aufenthaltsort der früheren Educon-Chefin kenne. „Haftgründe bezüglich der Beschuldigten sind derzeit nicht ersichtlich“, so Roggenbuck. Weitere Auskünfte seien aus „ermittlungstaktischer Sicht“ nicht möglich. Die Auswertung aller beschlagnahmten Unterlagen werde laut Roggenbuck noch „geraume Zeit“ in Anspruch nehmen. Nach Behördenangaben sind zwei Staatsanwälte mit dem Fall befasst. Das von Educon neu beauftragte Rolema-Anwaltsbüro in Berlin konnte gestern noch keine Stellungnahme zu den neuen Entwicklungen abgeben, kündigte aber für kommende Woche eine Antwort auf eine Anfrage der PNN an.

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