Landeshauptstadt: Existenzangst
Seit einem Jahr betreibt der Verein Black Flowers das Café Mondiale in Potsdam-West
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Potsdam-West - Nur mit ehrenamtlichem Engagement lassen sich keine Berge versetzen. Das hat Alida Babel lernen müssen. Seit Ende Oktober 2006 hat das Café Mondiale ihres Black Flowers-Vereins in der Geschwister-Scholl-Straße geöffnet. Das Fazit zum einjährigen Bestehen fällt eher skeptisch aus. „Ich kann nicht sagen, ob das Haus eine lange Zukunft hat“, sagt Babel. Sie erzählt von zwölf Monaten, in denen nicht jeder Traum erfüllt werden konnte.
Denn eigentlich sollte das Café nur ein Teil eines pulsierenden Multi-Kulti-Zentrums sein. „Den Rest wollten wir mit Fördermitteln bestreiten“, sagt Babel. Doch das Geld kam nicht – und so musste das Café zum Rettungsanker für das gesamte Projekt werden. „Aber so geht nun unsere gesamte Energie in die kleine Gastronomie und nicht in die inhaltliche Arbeit“, erklärt Alida Babel das Problem. Dies wiederum hätte einige Mitglieder des Vereins mit der Zeit offenbar frustriert. Sie findet das sogar verständlich: Statt geplanten Kursen und Seminaren mussten ehrenamtliche Stunden am Tresen abgeleistet werden. Dazu kam die tägliche Existenzangst: Energie zahlen, Gebühren aller Art. „Wir waren anfangs naiv“, bekennt Babel. Und: „Es vermischte sich alles, die Freundschaft untereinander, die Arbeit, der Verein.“ Schließlich entstand Streit. Im Dezember 2006 trat der frühere Vorstand des Vereins bis auf Alida Babel zurück. Zunächst hatte sie noch weniger Helfer.
Doch sie hat trotzdem durchgehalten. Mit ersten Erfolgen, wie sie sagt. „Wir haben inzwischen ein kleines Stammpublikum, das hoffentlich noch wächst.“ Auch anfängliche Vorbehalte, gerade von älteren Bewohnern im Kiez, die misstrauisch auf die „Schwarzen in ihrem Café“ geschaut hätten, seien offenbar kleiner geworden. „Die Blicke ändern sich.“ Deswegen ist sie auch immer noch von ihrem Projekt im Eckhaus an der Zeppelinstraße überzeugt, sagt Babel: „Vorurteile lassen sich nur ändern, wenn man sich nicht versteckt und einen Raum für sich schafft.“ Doch immer wieder muss sie nach solchen Sätzen an das Geld erinnern: „Die tolle Idee braucht Knete.“
Doch zumindest ein erster Schritt für das erhoffte Migrationszentrum in Potsdam-West ist getan: Inzwischen gibt es einen Spanisch-Kurs an jedem Dienstagabend. Losgelöst vom Café möchte Alida Babel überdies ab Dezember ein Hörbuch erstellen, in dem afro-deutsche Kinder über Erlebnisse in Deutschland erzählen sollen. Aus mehreren Interviews soll so eine Geschichte entwickelt werden. Der Arbeitstitel klingt programmatisch: „Hier bin ich und hier bleibe ich.“ Und: Das Ende der Geschichte ist offen. Wie zurzeit so viele Dinge in Alida Babels Leben: „Man braucht eben einen langen Atem.“
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