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Kostbare Obstplantagen. Nicht die Bäume machen Obstgut Marquardt-Gesellschafter Manfred Kleinert Sorgen, sondern das Land, auf dem sie stehen. Mehr als die Hälfte ist von der BVVG gepachtet. Deren Verkaufspreise seien nicht bezahlbar, so Kleinert.

© M. Thomas

Von Kay Grimmer: Existenzangst bei Potsdamer Obstbauer

BVVG-Verkäufe von Agrarflächen in der Kritik, Politik fordert externe Gutachten und Einzelfall-Lösungen

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Marquardt - Vor existenzgefährdenden Bodenpreisen beim Verkauf von Obstbauflächen hat Manfred Kleinert vom Obstgut Marquardt gewarnt. In den kommenden Jahren laufen eine Vielzahl von Pachtverträgen von einst volkseigenen Agrarflächen aus, die derzeit im Besitz der bundeseigenen Bodenverwertungs- und - verwaltungs GmbH (BVVG) sind. Die BVVG ermittelt die Verkaufspreise über eigeneDurchschnittsberechnungenvon regionalen Verkehrswerten. „Diese Preise können wir nicht zahlen“, so Kleinert.

Die Lage ist vertrackt. Kleinert betreibt auf rund 106 Hektar Obstanbau, 60 bis 70 Prozent der Flächen sind allerdings einstiges Treuhand-Land. Knapp 25 Prozent kaufte KLeinert je nach wirtschaftlicher Lage und gesetzlichen Vorschriften zwar bereits an, der Rest ist von ihm weiterhin lediglich gepachtet. „Ich will sehr gern kaufen, muss sogar kaufen, um kreditwürdig bei den Banken zu sein.“ Außerdem sei die Nachfrage nach Obst aus der Mark groß. „Ich kann jetzt schon nicht alle Kundenwünsche befriedigen.“ Doch die Preise, die die BVVG verlangt, seien für ihn als Obstbauern betriebswirtschaftlich existenzgefährdend.

Der Obstgutgesellschafter fordert beim Verkauf von Agrarflächen künftig Einzelfallüberprüfungen und angepasste Bodenpreise für Obstbauern. „Es geht auch um Arbeitsplätze und den möglichen Kaufkraftverlust, wenn wir Obstbauern unsere Betriebe zumachen müssten.“

Dabei schrumpft die Fläche des Obstanbaus in der Region seit Jahren dramatisch. „Einst gab es in Werder über 10 000 Hektar von Obstbauern genutzte Flächen. Jetzt sind es nur noch 3000 Hektar – auf dem Papier“, so Kleinert. Wirklich genutzt würden lediglich 2000 Hektar. „Allein in den vergangenen drei Jahren wurden 800 Hektar stillgelegt“, so der Obstbauer, der auch als Verbandsvertreter die Interessen von Obstbauern wahrt. Kleinert warnt: „Wie sähe ein Werderaner Baumblütenfest aus, wenn es bald keine Obstplantage mehr gibt?“

Die Politik indes denkt an die Ausweitung des Seen-Moratoriums auch auf Obstanbauflächen. Erst vor zwei Wochen wurde nach massiven Protesten gegen die Seen-Privatisierungspläne der BVVG beschlossen, weitere Verkäufe von Gewässern zumindest bis zum Jahresende auszusetzen. „Solch ein Moratorium würde auch im Obstanbau Zeit geben, um über weitere Schritte zu diskutieren“, sagte das Potsdamer SPD-Bundestagsmitglied Andrea Wicklein. Brandenburgs Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke (SPD) begrüßte ein Moratorium ebenso wie die Bauernverbände der ostdeutschen Bundesländer. Das brandenburgische Agrarministerium erklärte, vorerst keiner weiteren BVVG-Ausschreibung von Agrarflächen zuzustimmen. Wicklein empfahl, künftig auf externe Gutachter zurückzugreifen, die einen verträglichen Bodenpreis für die Obstbauern errechnen. „Ich kritisiere ausdrücklich die derzeitige Praxis der BVVG, Verkaufspreise über dem Durchschnitt des Verkehrswerts zu bestimmen.“ Auch der Potsdamer Linke- Bundestagskandidat Rolf Kutzmutz befürwortete individuelle Lösungen, wenn es sich um Agrarflächen handele: „Wo Landwirtschaft betrieben wird, muss der Preis moderat sein, so dass sich die Agrarbetriebe den Kauf auch leisten können.“

Derzeit werden durch die BVVG über 35 Hektar landwirtschaftliche Flächen in Eiche, Golm, Satzkorn und Marquardt offeriert, teils als Pacht-, teils als Kaufangebot. Dazu kommen noch etliche Hektar Grünland.

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