Nach der Kritik an Grundstücksgeschäften: Exner verteidigt Bertiniweg-Verkauf
Potsdams Finanzbeigeordneter erklärt, die Stadt hätte bei dem monierten Geschäft keinen höheren Kaufpreis erzielen können. Die Anwohner erhalten nun doch ihr Vorkaufsrecht.
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Nauener Vorstadt - In der Debatte um den Verkauf der Bertiniweg-Grundstücke geht der im Hauptausschuss am Mittwoch von mehreren Stadtfraktionen kritisierte Beigeordnete Burkhard Exner (SPD) nun in die Offensive: Auf PNN-Nachfrage, ob für die Grundstücke am Bertiniweg für die Stadt ein höherer Kaufpreis erzielbar gewesen wäre, erklärte Exner definitiv: „Nein, wir hätten nicht mehr Geld einnehmen können!“ Die Stadt sei zurecht davon ausgegangen, dass die Grundstücke unweit des Jungfernsees nicht als Bauland, sondern als Rohbauland eingeschätzt wurden. Die seinerzeitige Gutachterin habe ihre frühere Einschätzung erneut bekräftigt. Die Stadt hatte die knapp 12 000 Quadratmeter umfassende Fläche im Frühjahr 2011 für 875 000 Euro an die BTW GmbH verkauft. Der Quadratmeter-Preis entspricht 75,40 Euro. Diesen Wert sehen Kritiker des Grundstücksverkaufs als sehr niedrig an. Indes sind bereits Grundstücke des Areals für bis zu 450 Euro pro Quadratmeter angeboten worden.
Exner begründete den niedrigen erzielten Quadratmeterpreis mit Aufwendungen – „eine sechsstellige Summe“ – die die Käufer mit dem Areal haben werden, etwa durch Leitungsverlegungen, Ausgleichsmaßnahmen, Verträgen mit der Feuerwehr und der Neuordnung der Parzellen.
In der Auseinandersetzung der Stadt Potsdam mit drei Anwohnerfamilien hinsichtlich ihrer Vorkaufsrechte sucht Exner nun eine „friedliche und einvernehmliche Lösung“. Exner: „Wir gehen nicht ins Hauptsacheverfahren.“ Das Amtsgericht als auch das Landgericht hatten einer klagenden Anwohnerfamilie im Zuge eines Eilverfahrens das Vorkaufsrecht zuerkannt. Auch die Kommunalaufsicht, die den Verkauf als „schwebend unwirksam“ erklärte, da er genehmigungspflichtig gewesen wäre, geht davon aus, dass die Anwohner ihre seit den 1970er Jahren gepachteten Grundstücke kaufen können. Exner erklärte, der Kaufpreis für die Anwohner betrage laut Verkehrswertgutachten 100 Euro pro Quadratmeter, allerdings hätten die Anwohner noch Erschließungskosten im Zuge der Umsetzung des Bebauungsplanes zu zahlen. Karin Krusemark, Leiterin des Rechtsamtes, erklärte, der Kaufvertrag mit der BTW GmbH werde nun nach den Richtlinien der Kommunalaufsicht angepasst und so die Möglichkeit geschaffen, dass die Anwohner ihre Pachtgrundstücke kaufen können.
Gleichwohl bekräftigte Exner die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Stadt, dass die Vorkaufsrechte gemäß Investitionsvorranggesetz nicht bestehen. Allerdings nehme er „die Spruchpraxis der Kammer“ zur Kenntnis. Als Erfahrung aus der Debatte um den Verkauf der Bertiniweg-Grundstücke erklärte Exner, es sei in künftigen, ähnlich gelagerten Situationen „eine tiefere Risikoanalyse bei Vorkaufsrechten“ nötig. Zudem müssten „Konfliktlagen“ womöglich anders eingeschätzt werden. Denkbar seien Vorverträge mit Grundstücksnutzern.
Unklar ist derzeit weiterhin, wie der Eigentümerwechsel der Flächen am Bertiniweg so schnell ins Grundbuch eingetragen werden konnte. Statt regulär nach rund fünf Wochen sei die Eintragung in diesem Fall bekanntlich innerhalb weniger Tage erfolgt, erklärte der SPD-Stadtverordnete Pete Heuer, der nach eigenen Angaben umfangreich Akteneinsicht bei der Stadt Potsdam zu dem Fall genommen hat. Dass das Grundbuchamt so ungewöhnlich schnell handelte, hatte dazu geführt, dass die Grundstückspächter ihr vom Amtsgericht bestätigtes Vorkaufsrecht zunächst nicht mehr vollziehen konnten, denn der Eigentümerwechsel war per Grundbucheintrag bereits besiegelt. SPD-Mann Heuer findet jedoch nicht nur die kurze Bearbeitungszeit ungewöhnlich, sondern auch, dass Amtsgerichtspräsidentin Christiane Dreusicke sowohl das Urteil über das Vorkaufsrecht der Siedlerfamilie gefällt habe, dies „höchst ungewöhnlich“ erst eine Woche nach der Verhandlung verkündet habe, und gleichzeitig die Verwaltungschefin des Grundbuchamtes sei. Heuer fordert jetzt deshalb auch vom Grundbuchamt Aufklärung und Akteneinsicht. Dort habe man seinem Akteneinsichtsantrag aber bisher nicht zugestimmt. Eine Reaktion des Amtsgerichts auf eine entsprechende PNN-Anfrage steht noch aus.
Im Hauptausschuss war Kämmerer Exner etwa von CDU-Fraktionschef Michael Schröder scharf angegangen worden. Dieser nannte das Vorgehen der Stadt gegen die Anwohner eine „Piesackerei von Bürgern, die es wagen, ihrer Verwaltung die Stirn zu bieten“. Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg kritisierte „eine ganze Reihe von schwerwiegenden Irrtümern“. Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) hatte bereits früh Position bezogen mit der Aussage, beim Bertiniweg-Verkauf handele es sich um „Dilettantismus oder Korruption“.
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