Landeshauptstadt: Experiment mit Köpfchen
Zwanzig begabte Jung-Physiker stellen bei den „MINT-Tagen“ ihr Können auf die Probe
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Julian Kahlbow bewegt immer wieder ein brettförmiges Pendel, auf dem die Zielscheibe eines Darts-Spiels aufgezeichnet ist. Das Nachdenken ist ihm dabei förmlich ins Gesicht geschrieben. Sein Mitarbeiter Jörn Krüger hat schon ein ganzes Blatt Papier mit Berechnungen voll geschrieben, doch auch er wirkt nachdenklich, denn irgendetwas scheint nicht zu stimmen.
Die beiden Gymnasiasten aus Wittenberge gehören zu einer Gruppe von Jung-Physikern die zu den „MINT-Tagen“ in Potsdam an einem Experimentierseminar teilnehmen. Dieter Rauchfuß, Schulleiter des Helmholtz-Gymnasiums, in dessen Verantwortung die Veranstaltung stattfindet, erklärt die vier Buchstaben „MINT“: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik.
Die Aufgabe, die sich Julian und Jörn nach Internet-Vorgaben ausgewählt haben, klingt einfach: „Berechne die Geschwindigkeit des Pfeils eines Darts“. Zur Verfügung stehen das erwähnte Pendel und eine Videokamera. „Das ist die mathematisch anspruchsvollste Aufgabe“, schätzt Physiklehrer Rainer Schäferhoff ein. „Auf die Lösung muss man erst mal kommen“, sagt er, aber er gibt auch den entscheidenden Hinweis, als der blonde Jörn Krüger fragend mit seinem mit Zahlen bedeckten Zettel neben ihm steht.
Zwanzig Schülerinnen und Schüler nehmen an dem zweitägigen Seminar im Physikgebäude der Universität Potsdam teil. Ausgewählt haben sie ihre Schulen, an denen es zumeist Physik-Spezialisierungen gibt. Florian Diepold und Christopher Rheinsberg zum Beispiel besuchen am Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium in Frankfurt (Oder) ein Leistungszentrum für Physik. Der Lehrer bot ihnen die Teilnahme an den „MINT-Tagen“ in Potsdam an. Die Aufgabenstellung ihres Experiments klingt ebenfalls leicht: „Baue einen Fahrstuhl mit vier Etagen.“ „Eines der schwierigsten Experimente, das eine komplizierte Programmsteuerung erfordert“, sagt Schäferhoff. Florian und Christopher haben ein wirr, aber auch genial aussehendes Modell aufgebaut und versuchen, die simulierte Fahrstuhlkabine in den gewünschten Etagen zum Halten zu bringen. Macht das Spaß? Florian Diepold: „Ja, besonders wenn ich sehe, dass es vorangeht und funktioniert.“ Schulleiter Rauchfuß ist sehr angetan vom Arbeitsklima des Seminars. Heute Nachmittag präsentieren die Jung-Physiker ihre Ergebnisse mit Kurzvorträgen. Goldmedaillen oder andere Anerkennungen gebe es nicht. „Die größte Anerkennung besteht darin, dass die jungen Leute hier drei Tage teilnehmen dürfen“, so der Schulleiter. Flops gebe es unter den ausgewählten Teilnehmern nicht. Und: „Auch ein missglücktes Experiment ist lehrreich.“ Das Helmholtz-Gymnasium sei mit fünf Schülern vertreten, so Rauchfuß. Diese Schüler hätten im Vorhinein an Experimentierkursen im Wahlpflichtfach in Klasse 10 teilgenommen. Angeboten werden diese Kurse von Rainer Schäferhoff, der sich immer wieder neue Experimente von der Brennstoffzelle bis zur Modellbahnschleife ausdenkt. „Zwei neue Experimente schaffe ich im Jahr.“ Besteht nicht die Gefahr, besonders begabte Teilnehmer zu unterfordern? „Für jemanden, der sich langweilen sollte, habe ich immer noch etwas Anspruchsvolleres dabei“, verrät Schäferhoff. Der Physiklehrer äußert sich begeistert über das Engagement, das Geschick und das Kombinationsvermögen der „MINT“-Teilnehmer: „Die Ergebnisse sind herausragend.“ Günter Schenke
Günter Schenke
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