Landeshauptstadt: Fahrgefühl wie auf einer Treppe
So mild war der Winter lange nicht mehr und dennoch haben Potsdams Straßen weiter gelitten. Jetzt beginnt das große Flicken
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Dem milden Winter zum Trotz: Potsdams Straßen bleiben Holperpisten – und das, obwohl die Stadt inzwischen dreimal so viel Geld für die Pflege ausgibt wie noch vor wenigen Jahren. Obwohl es in diesem Jahr kaum längere Frostperioden gab, muss die Stadt erneut Hunderttausende Euro ausgeben, um überall im Stadtgebiet neue Schlaglöcher zu flicken.
Streckenweise fühlt es sich derzeit an, als würde man über eine Treppe fahren – die Neuendorfer Straße beispielsweise ist eine der Straßen mit dem größten Reparaturbedarf in Potsdam. Erneut hätten sich in diesem Winter dort Fugen geöffnet und weitere Risse gebildet, sagte die Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage. Aus einer grundlegenden Sanierung wird jedoch auch in diesem Jahr nichts, weil die nötigen Investitionsmittel fehlen. Der Zustand der Straße ist kein Einzelfall. Trotz des milden Winters seien auf dem gesamten Straßennetz Schäden zu verzeichnen.
„Die Straßen sind in einem erbärmlichen Zustand“, kritisiert auch Jörg Becker, Sprecher des ADAC Berlin-Brandenburg. In den Vorjahren sei schlichtweg zu wenig Geld für Straßensanierungen ausgegeben worden. Auf gar keinen Fall dürfe wegen des milden Winters weniger investiert werden, warnt Becker. „Ordentlich gepflegte Straßen kosten am Ende weniger“, sagt er.
Auch wenn die Winterschäden geringer ausfallen als im Vorjahr, sieht auch die Potsdamer Taxigenossenschaft Nachholbedarf. „Es müsste an einigen Stellen etwas gemacht werden“, sagt Vorstand Detlef Baatz. Vor allem jene Straßen, über die auch viele schwere Lkw fahren, weisen Schäden auf.
Die Verwaltung selbst spricht – im Amtsdeutsch etwas verklausuliert – von einem „bestehenden Unterhaltungsrückstau“. Im Klartext: Die Stadt hinkt mit den Reparaturen hinterher, weil die Substanz längst so marode ist, dass einfaches Flicken nicht mehr reicht. Jetzt rächt es sich offenbar, dass über Jahre hinweg zu wenig in die Instandhaltung des Straßennetzes investiert wurde.
Die meisten neuen Schlaglöcher sind abgesehen von der Neuendorfer Straße auf der Heinrich-Mann-Allee und auf der Großbeerenstraße aufgetaucht. Unter den Betonstraßen gebe es die größten Probleme auf der Konrad-Wolf-Allee zwischen Oskar-Meßter-Straße und der Straße Zum Kirchsteigfeld sowie am Horstweg, sagt die Stadtverwaltung. Nördlich der Havel seien unter anderem die Maulbeeralle, die Jägerallee und die Charlottenstraße betroffen. Die ersten Aufträge zur Beseitigung der Löcher hat das Rathaus bereits erteilt. So soll in der Ketziner Straße und auf dem Werderschen Damm der Fahrbahnbelag erneuert werden.
Im Vergleich zum vorangegangenen Winter – und das ist die gute Nachricht – gibt es allerdings weniger Schlaglöcher: Die genaue Summe müsse zwar noch ermittelt werden, aber der zuständige Fachbereich rechnet derzeit mit einem Schaden von etwa 200 000 Euro durch den Winter. Nach dem letzten, harten Winter 2013 mussten mehr als 300 000 Euro ausgegeben werden, um die schlimmsten Löcher zu stopfen.
Dass für die Instandsetzung mehr Geld nötig ist, hat die Stadt bereits erkannt. 3,1 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr für die Unterhaltung der Straßen, Wege und Plätze ausgegeben – eine halbe Million Euro mehr als im letzten Jahr und fast das Dreifache dessen, was der Bauverwaltung noch 2007 zur Verfügung stand. Seitdem hat die Stadt die Ausgaben schrittweise in jedem Jahr erhöht. Allerdings reicht das Geld bei Weitem nicht aus: Als Richtwert für den Straßenunterhalt gehen Städte und Gemeinden von etwa 1,10 Euro pro Quadratmeter aus. Für die 9,6 Millionen Quadratmeter Fläche der öffentlichen Straßen und Wege in Potsdam müssten also mehr als zehn Millionen Euro jährlich ausgegeben werden, um das Netz auskömmlich zu pflegen. Nicht eingerechnet sind die Kosten für eine Grundsanierung, die viele Straßen bitter nötig hätten und die, auf die ganze Stadt gerechnet, zwei- bis dreistellige Millionenbeträge verschlingen würden.
Doch nicht nur den Straßen, sondern auch den Geh- und Radwegen hat der Winter zugesetzt. An diversen Potsdamer Straßen müssen Gehwege dringend erneuert und instand gesetzt werden. Derzeit bereitet die Stadtverwaltung Baumaßnahmen an Gehwegen in der Hegelallee, der Bäckerstraße, Im Bogen, Am Alten Rad, in der Allee nach Sanssouci und in der Rückertstraße vor. In der Newtonstraße soll im Zusammenhang mit der Pflanzung neuer Straßenbäume der Gehweg großflächig repariert werden. Auch der Gehweg entlang des Hauptbahnhofs in der Babelsberger Straße soll in diesem Jahr grundlegend erneuert werden. Der Weg war in diesem Winter wie schon in den Jahren zuvor aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Gehwegplatten aus Beton hatten sich gelöst und kippelten. Sowohl der Unterbau als auch der Deckenbelag müssen ausgetauscht werden.
Grundsätzlich verbessern wird sich das Straßen- und Wegenetz durch die Reparaturen allerdings nicht. Und der nächste Winter kommt bestimmt.
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