Von Henri Kramer: Fall Uwe D. spaltet Evangelische Kirche
Heilig-Kreuz-Vorsitzender fordert Entschuldigung / Offener Streit um Wohnung des früheren Pfarrers
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Der Streit um den Umgang mit den Missbrauchvorwürfen gegen den Ex-Pfarrer Uwe D. entzweit die evangelische Kirche in Potsdam. Zwischen dem Gemeindekirchenrat (GKR) der Heilig-Kreuz-Gemeinde, die D. früher als geschäftsführender Pfarrer vertrat, und dem Stadtkirchenkreis unter Potsdams obersten Protestanten, Superintendent Joachim Zehner, spitzt sich der Konflikt zu. Nun erwarte der GKR vom Kirchenkreis eine „öffentliche Entschuldigung“, sagte GKR-Vorsitzender Martin Stendel den PNN gestern auf Anfrage. Grund sei die vom Kirchenkreis beantragte Auflösung des GKR, die im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Uwe D. stand – nach Stendels Auffassung „ohne hinreichende Gründe“. Zugleich herrscht weiter Uneinigkeit, ob Uwe D. seine Wohnung in der Kiezstraße verlassen soll. Diese gehört der Heilig-Kreuz-Gemeinde und liegt überdies gegenüber der Gemeindekita, die der Theologe D. wegen der Anschuldigungen nicht mehr betreten darf.
Der Kirchenkreis hatte dem Heilig- Kreuz-GKR vorgeworfen, mit den Vorwürfen gegen Uwe D. nicht angemessen umgegangen zu sein und im vergangenen Sommer die Auflösung des Gremiums bei der zuständigen Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) beantragt. Der GKR hatte sich darauf beschwert, nicht angehört worden zu sein. Die EKBO hatte die Auflösung nicht vorgenommen, aber dem GKR Auflagen gemacht, zu denen in den nächsten Monaten ein schriftlicher Bericht kommen soll. Demnach solle Uwe D. von der Gemeinde „distanziert“ werden und auch deren Wohnung verlassen, hieß es seitens der EKBO. Superintendent Zehner hatte zuletzt gesagt, er gehe notfalls auch vor Gericht für eine Kündigung von D.s Wohnung.
Die Aufforderung, D. vor die Tür zu setzen, sieht Stendel als nicht umsetzbar an. „Wir gehen davon aus, dass das schon allein wegen des deutschen Mietrechts nicht geht.“ Zur Klärung dieser Frage war der GKR angewiesen worden, sich einen Anwalt zu suchen. „Wenn wir den nehmen sollen, erwarten wir, dass sich die Kirche symbolisch an den Kosten beteiligt“, sagte Stendel. Zugleich sehe er nicht die Notwendigkeit, dass der 76-jährige Uwe D. seine Wohnung verlassen müsse. „Nach unserer heutigen Kenntnis lag und liegt objektiv keine Kindeswohlgefährdung vor.“ Auch müsse für Uwe D. die Unschuldsvermutung gelten, kein Vorwurf gegen ihn habe sich bisher bestätigt, so Stendel. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den pensionierten Pfarrer seit dem Frühsommer 2010 wegen des Verdachts der Misshandlung von Kindern in der Heilig- Kreuz-Kita. Weitere Strafanzeigen wegen verschiedenen Missbrauchsvorwürfen, die bis Ende der 1970er Jahre reichten, stellte die Potsdamer Staatsanwaltschaft wegen Verjährung ein. Ebenso hat die EKBO-Kirche ein Disziplinarverfahren gegen den Ruheständler eröffnet. Uwe D. bestreitet alle Vorwürfe, sieht sich als Opfer eine Kampagne.
Zuletzt hatte Superintendent Zehner – der im Frühjahr 2010 gegen Uwe D. eine Strafanzeige stellte, nachdem er mit einem mutmaßlichen Opfer von D. gesprochen hatte – einen Auszug des Ex-Pfarrers aus der Gemeindewohnung auch aus anderem Grund angemahnt: In der Kirche sei es üblich, dass pensionierte Pfarrer ihren Dienstort verlassen. Stendel sagte dazu, Uwe D. habe für seinen Verbleib in der Wohnung eine Genehmigung der Kirche aus der Zeit seiner Pensionierung: „Das ist damals so entschieden worden.“ Zugleich hatte Zehner jüngst erklärt, die Gespräche mit dem GKR liefen gut, diese habe den Vorschlägen bezüglich Uwe D. zugestimmt. EKBO-Sprecherin Heike Krohn sagte den PNN, alle Seiten stünden in einem Gesprächsprozess, „die getroffenen Verabredungen so rasch wie möglich umzusetzen.“ Stendel dagegen sagte, der GKR würde in den Prozess kaum eingebunden und es gebe „leider wenig“ wirkliche Kommunikation untereinander.
Der Fall Uwe D. ist nicht der einzige Streitpunkt in der Potsdamer Kirche. Erst am Sonntag hatte es bei der offiziellen Verabschiedung des Stadtkirchenpfarrers Markus Schütte herbe Kritik an Kirchenleitung und auch an der EKBO gegeben. Schütte muss sein Amt in Potsdam verlassen, nachdem private Details über zwei Beziehungen des geschiedenen Pfarrers mit Frauen aus seiner Gemeinde und einem unehelichen Kind öffentlich geworden waren. Die Kirchenleitung sah die „Vorbildfunktion“ des Pfarrers nicht mehr als gegeben an, er musste gehen. Seine Friedenskirchgemeinde hatte sich lange für einen Verbleib des beliebten Pfarrers stark gemacht und ihm zum Abschied „mehr Respekt“ künftiger Vorgesetzter gewünscht.
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