Von Michael Klug: Farbe für die lila Kuh
Auch Theaterschminke wird vom brandenburgischen Zehlendorf in die ganze Welt verschickt
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Zehlendorf/Berlin - Die Abnehmer der Tinkturen von Arnold Langer sind die Traumfabriken in Hollywood und Bollywood und fast alle Theaterbühnen der Welt. Auch die Milka-Kuh bekommt mit Produkten aus der Herstellung des 87-Jährigen ihre typische Farbe. „Alle unsere Schminken bestehen im Prinzip aus den gleichen Stoffen: Öl, Wachs, Farbpigmente“, sagt der Gründer der Berliner Firma Kryolan. Aus den Zutaten stellt der Chemiker seit Jahrzehnten Filmblut, Leichenschminke und Lippenstifte her.
Ihren Weg in die Welt finden die Kryolan-Produkte von dem kleinen Zehlendorf im brandenburgischen Oberhavelkreis aus. Gut ein Dutzend Angestellte mixen, rühren und verpacken in dem Örtchen nördlich von Berlin die Schminkfarben für Blockbuster wie „Titanic“ oder „Schindlers Liste“. Augenscheinlichstes Produkt im Angebot ist die lila Farbe für die Kuh in der Schokoladenwerbung. Dermatologisch unbedenklich und vor allem lichtkonstant wird die Tinktur von den Mitarbeitern in handliche Sprühdosen gefüllt.
„Die Farbe wird nur selten gebraucht und ist eigentlich nur ein winziger Posten aus unserem Sortiment“, sagt Langes Sohn, Juniorchef Wolfram Langer. Zu einem handlichen Paket verschnürt, stellt die Farbe allerdings eine der größten logistischen Herausforderungen für das Unternehmen dar. „Die Filmkuh steht leider nicht im Allgäu, sondern irgendwo in den Bergen von Neuseeland“, sagt Langer. Deshalb müsse die Farbe für jeden neuen Werbespot von Zehlendorf aus einmal um die Welt geflogen werden und das meist binnen kürzester Zeit, sagt der Juniorchef. Die Werbeleute würden häufig „von jetzt auf gleich“ entscheiden, dass sie was drehen wollen. Langer: „Wenn es ganz eilig ist, fliegt die Farbe eben im Handgepäck von einem unserer Mitarbeiter.“
Obwohl der Stammsitz der Firma Kryolan seit den 60er Jahren im Berliner Stadtteil Wedding liegt, war Kryolan genau genommen schon immer eine Ost-West-Ffirma. Wenige Monate vor Kriegsende trafen sich der Soldat Langer und sein Kommilitone Heinz Krause in einem Café am Strausberger Platz in Ost-Berlin. Chemiestudent Langer war gerade von der Front zum Praktikum am Set für den ersten deutschen Farbfilm nach Babelsberg abgestellt. Gemeinsam beschlossen Langer und Krause, nach dem Krieg mit der Herstellung von Theaterschminke eine Firma zu gründen. Drei Monate nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Kryolan gegründet: „Kr“ für Krause, „lan“ für Langer. Krüger übernahm den Osten, Langer blieb im Westen. „Wir waren in ganz Deutschland bekannt und auch die ostdeutschen Bühnen wollten nicht auf unsere Farben verzichten. Deshalb haben wir so lange wie möglich versucht, auch im Osten zu bleiben“, erzählt Arnold Langer. Nach dem Mauerbau trennten sich jedoch die Wege endgültig, Kryolan-Ost versorgte unter neuem Namen die Stadttheater von Rostock bis Meiningen. Im Westen führte der Weg weiter nach Hollywood. Das Unternehmen eröffnete Filialen in England, den USA und Indien.
Unmittelbar nach dem Mauerfall fand die Firma auch wieder den Weg in den Osten, darunter nach Zehlendorf. „Wegen der Vielfalt unserer Produkte und um die Flexibilität zu bewahren, benötigten wir unbedingt Lagerkapazitäten in der Nähe von Berlin“, erläutert Langer den Schritt. In Zehlendorf erwarb das Unternehmen zunächst 8000 Quadratmeter Fläche, heute sind es 30 000. Langer jr. betont: „Wir haben hier alles auf Zuwachs ausgerichtet.“
Michael Klug
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