Von Nicola Klusemann: Farben ausgewürfelt
Anstrich in drei Schattierungen: Fassadensanierung der Nikolaikirche soll im Frühjahr 2009 fertig sein
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Innenstadt - Um die Farbgebung der Nikolaikirche dem Zufall zu überlassen, hat eine Mitarbeiterin des Architekturbüros Bernd Redlich eine Woche lang gewürfelt. Diese verblüffende Methode stellte Anja Kriebel vom Gemeindekirchenrat am Donnerstag in einem Pressegespräch vor. Auf einer Zeichnung sind die unzähligen Quader, aus denen der quadratische Kubus des Gotteshauses besteht, rot, gelb und grün ausgemalt. „Das dient den Malern als Vorlage“, erklärt die Gemeindesprecherin. Tatsächlich sind die Farbabstufungen des Sandsteingelbs, die ein wenig ins Grünliche oder Gräuliche spielen, bei naher Betrachtung kaum zu erkennen. Sie sollen aber die natürlichen Farbschattierungen des Gesteins widerspiegeln, wie Ivo Dressler, Bauleiter bei St. Nikolai, erläuterte. Karl Friedrich Schinkel, nach dessen Entwürfen die Kirche im 19. Jahrhundert erbaut worden war, wollte, dass es so aussehe, als sei das gewaltige Gotteshaus wie aus einem monolithischen Stein herausgemeißelt, sagte Dressler. Ein Effekt, der Mitte kommenden Jahres bestaunt werden kann. Dann sollen die Malerarbeiten abgeschlossen sein. Für die Gesamtfläche von umgerechnet 10 800 Quadratmetern Außenanstrich habe der Potsdamer Malermeister Matthias Boehlke Kalkkaseinfarbe aus der Schweiz besorgt. Für die richtige Farbmischung sei er sogar selbst zweimal in der Schweiz gewesen.
Parallel zu den Malerarbeiten werden derzeit die 14 Fenster im Tambour ausgetauscht. Der Ausbau der alten Holzfenster erfolge immer nur ab 6.30 bis Kirchöffnung um 9 Uhr, erläuterte der Bauleiter. Die Fenster seien teilweise so kaputt, dass Teile und auch Glas bei der Demontage ins Kircheninnere fallen könnten. Die neuen 3,80 Meter hohen und 1,70 Meter breiten Tambourfenster seien aus Eisen „und zum Öffnen“, sagte Architekt Redlich. Das erleichtere das Putzen und die Kirche könne „im Bedarfsfall sogar durchgelüftet werden“. Auch das große halbrunde Thermenfenster aus der Ostseite des Kirchenkubus ist ausgebaut worden und werde jetzt restauriert. „Bis Weihnachten soll es wieder drin sein“, sagte der Bauleiter.
Für die Restaurierung der Schinkel-Kirche hat sich die Kirchengemeinde für fast 30 Jahre verschuldet. Aufgrund ausbleibender Spenden und Sponsorengelder seien Kredite in Höhe von zwei Millionen Euro von zwei anderen evangelischen Kirchengemeinden in Deutschland aufgenommen worden, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Joachim Uhlig. In die Summe einberechnet sei auch Unvorhergesehenes, sagte Uhlig. Erst vor kurzem hatten Bauarbeiter den Kopf einer sowjetischen 85 Millimeter-Granate im Gemäuer des Tambour freigelegt. Allerdings sei dies ohne weitere, auch finanzielle Folgen geblieben. „Jemand hält eine schütze Hand über uns“, sagte Gemeinderätin Kriebel.
Die seit 2002 laufende rund 6,2 Millionen Euro teure Restaurierung der Fassaden des klassizistischen Bauwerks soll im Frühjahr 2009 abgeschlossen werden. Dann könnte die Kirche auch vier neue Glocken erhalten. Das Geläut hatte die Gemeinde vor einigen Wochen ausgeschrieben, nachdem die ausgedienten Klangkörper abmontiert worden waren.
Sponsoren hätten bislang für die Restaurierung der vier Engelstatuen auf den Türmen des Bauwerks sowie eines Teils der Palmblattverzierungen unterhalb der Kuppel und die Erneuerung der Glocken rund 330 000 Euro Spenden zur Verfügung gestellt oder zugesagt, sagte Uhlig. Für die knapp 200 000 Euro teure Wiederherstellung eines zweiten sogenannten Palmettenkranzes aus 140 nachgebildeten Palmblättern direkt unterhalb der Kuppel werde weiter nach einem Großsponsor gesucht, sagte die Gemeindesprecherin. Prominente hätten sich bislang nicht zur Unterstützung der Restaurierung bereit erklärt.
Das Baudenkmal werde derzeit mit Hilfe von mehreren Ein-Euro-Jobbern für Besucher offen gehalten, da die Gemeinde nur über Mittel zur Finanzierung einer Pfarrstelle verfüge, sagte Uhlig.
Alle weiteren Tätigkeiten abgesehen von der Sanierung würden ehrenamtlich geleistet oder über Vereine und Spenden finanziert.
Nicola Klusemann
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