
© Manfred Thomas
Homepage: Faszination Sonne
Meetu Verma erforscht am AIP in Babelsberg die Entwicklung von Sonnenflecken
Stand:
Von Indien in die USA, nach Deutschland und nach Spanien – kein Land ist Meetu Verma zu fern oder zu fremd, um sich ihrem Lieblingsthema zu widmen. „Schon als Kind haben mich die Sterne am Himmel fasziniert“, sagt die 27-jährige Studentin aus dem indischen Bundesstaat Punjab, die seit 2010 am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam (AIP) promoviert. Geradezu konsequent erscheint es da, dass sie sich wissenschaftlich mit dem Stern beschäftigt, der der Erde mit 150 Millionen Kilometern am nächsten ist, der Sonne.
Nach ihrem Physikstudium in Ajmer und Patiala im Norden Indiens mit den Schwerpunkten Astronomie und Weltraumphysik verbrachte Verma ein halbes Jahr in den Palani-Bergen im Süden Indiens. Sie arbeitete dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Jagdev Singh am Indischen Astrophysikalischen Institut in Kodaikanal. Dort fiel ihr Entschluss, sich auf die Physik der Sonne zu konzentrieren. Dass sie ein Studium aus Leidenschaft gewählt hat, verdanke sie vor allem ihrem Vater, der von Beruf Ingenieur ist. „Er hat mich und meine drei Geschwister immer darin bestärkt, das zu tun, was uns wirklich interessiert – das ist in Indien vor allem gegenüber Töchtern keine Selbstverständlichkeit.“
Verma, Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, hat die Entwicklung und den Zerfall von Sonnenflecken zum Thema ihrer Doktorarbeit bei AIP-Professor Carsten Denker gemacht. „Sonnenflecken sagen viel über die magnetischen Aktivitäten der Sonne aus und ermöglichen Vorhersagen von Sonneneruptionen“, erklärt sie. Das sei bedeutsam, da diese geomagnetischen Stürmen vorausgingen, die das Magnetfeld der Erde beeinflussen können. So könne es etwa zu gravierenden Störungen in der Funk- und Stromübertragung kommen. Ausläufer von Sonneneruptionen können auch im All kreisende Satelliten treffen, die etwa für die Telekommunikation und für die moderne Luft- und Schifffahrt entscheidend sind.
Um den Zerfall von Sonnenflecken zu untersuchen, analysierte Verma Zeitserien von Sonnenbildern, die vom optischen Sonnenteleksop der japanischen Weltraummission „Hinode“ aufgenommen wurden. Sie erstellte eine Datenbank mit Geschwindigkeitsfeldern für mehrere Hundert Datensätze, die es Wissenschaftlern erlaubt, eine Vielzahl neuer Phänomene auf der Sonne zu untersuchen. Außerdem verfolgte sie die Wechselwirkungen von starken Magnetfeldern mit heißem Sonnenplasma, die bislang nur in Grundzügen bekannt gewesen sind. „Neue Teleskope auf der Erde und im Weltraum erlauben es uns jetzt, die Prozesse auch im Detail zu untersuchen“, sagt Verma. Sie beschäftigte sich auch mit der Frage, ob Strömungen auf der Sonne Strahlungsausbrüche auslösen können.
Die Ergebnisse ihrer bisherigen Arbeit brachten der jungen Nachwuchswissenschaftlerin bereits vielfache Anerkennung ein. Für ihre Veröffentlichungen über horizontale Geschwindigkeitsfelder auf der Sonne in den Fachzeitschriften „Astronomy & Astrophysics“ und „Astronomische Nachrichten“ hat Meetu Verma den Publikationspreis für Nachwuchswissenschaftler des 16. Leibniz-Kollegs Potsdam erhalten. Die Jury hob dabei hervor, dass Verma bereits im ersten Jahr ihrer Promotion hervorragende Forschungsergebnisse erzielt habe, die sie öffentlich vorstellte und publizierte.
Im vergangenen Sommer reiste sie zur einwöchigen Heliophysics Summer School nach Colorado in den USA. Schon die Zulassung zu dem einwöchigen internationalen wissenschaftlichen Austausch zwischen den Disziplinen rund um das System Erde-Sonne ist eine Auszeichnung. Zudem entsandte das AIP Meetu Verma im vergangenen Juli zum 62. Lindau Noble Laureate Meeting, eine traditionsreiche Wissenschaftler-Konferenz, bei der talentierte Nachwuchsforscher auf Nobelpreisträger treffen.
Meetu Verma, die in ihrer Freizeit gern liest, wandert oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, weiß ihren derzeitigen Arbeitsplatz in den historischen Räumen an der Sternwarte in Babelsberg zu schätzen. „Die Kollegen tun alles, damit ich mich hier wohlfühle.“ Besonders eingeprägt hat sich für sie der Winter in Deutschland: „Das war mein erster Winter, den ich im Schnee verbracht habe.“ An die kurzen Tage im Winter hat sie sich aber bis heute nicht gewöhnen können.
Meetu Vermas Ehemann, der als Assistenzprofessor an der Universität Delhi Physik lehrt, muss sich noch eine Weile mit der Fernbeziehung arrangieren. Bis zum Abschluss ihrer Promotion in diesem Frühjahr wird Verma in Potsdam bleiben. „Wenn alles klappt, geht es für mich am Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) auf Teneriffa weiter. Forscher müssen raus und Erfahrungen in anderen Instituten sammeln“, ist Meetu Verma überzeugt. Eines Tages nach Potsdam zurückzukehren könne sie sich aber sehr gut vorstellen.
Maren Herbst
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: