Landeshauptstadt: Feilschen um die Finanzlücke
Bei der Kreisreise durch Potsdam sieht Minister Rupprecht die Probleme in der kinderfreundlichsten Stadt
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Drewitz/Kirchsteigfeld - Am Ende der Kreisreise ging es zu wie auf einem Basar. Es wurde gefeilscht, gehandelt und eine Einigung erzielt. Nicht im Details, aber grundsätzlich. Der Neubau des Offline-Jugendklubs samt Vereinshaus des SC Potsdam soll realisiert werden. Bislang klafft eine Finanzlücke von 430 000 Euro über dem seit neun Jahren geplanten Projekt. Sport- und Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) sagte, er könne da nicht behilflich sein. Das Land habe keine Bauprogramme für solche Häuser. Dennoch verteilte er auf seiner 53. Kreisreise durch Brandenburg gestern 500 000 Euro an die Goethe-Gesamtschule, besuchte mit der Coubertin-Schule eine seiner Meinung nach innovativsten Oberschulen des Landes, ließ sich die Alternative Kinderbetreuung im Junior-Club zeigen und wurde mit einem kräftigen „Törööö“ in der Kita Benjamin Blümchen begrüßt. Dabei bestätigte sich erneut, was seit geraumer Zeit diskutiert wird: Der Stadtteil Drewitz gehört zu den sozialen Brennpunkten der Stadt.
In der Fröbel-Kita Benjamin Blümchen werden 30 Vorschulkinder betreut, aufgeschrieben auf einem Karton hängen die Anforderungen der Eltern an die Vorschule wie Thesen an der Wand. Dabei ist es schwer, überhaupt für alle eine geregelte Vorschule zu ermöglichen. Denn bei neun der 30 Kinder sind während der gesetzlich geforderten Sprachstandsanalyse Auffälligkeiten erkannt worden. Sie werden nun extra gefördert. Dies sei wahrscheinlich auf die Lage der Kita im Sozialraum zurückzuführen, so die Kita-Leiterin und der Bildungsminister. Das Gebiet der höchsten Arbeitslosenquote, dem höchsten Anteil von Hartz-IV-Gemeinschaften und dem preiswertesten Wohnraum in der Landeshauptstadt. Daher sei es nötig, den Personalschlüssel in solchen Gebieten zu verändern, sagte Sabine Hiller. Diese Kinder bräuchten mehr Versorgung und mehr Unterstützung als Kinder aus funktionierenden Elternhäusern. Dass dies zu teuer sei, wie Bildungsminister Holger Rupprecht anführte, wollte die Sozialbeigeordnete Elona Müller nicht gelten lassen. Dabei müsse auch aufgerechnet werden, was eine zusätzliche Sprachförderung oder pädagogische Frühförderung koste. Diese würde womöglich weniger auffällig und schwieriger sein, wenn sich Erzieherinnen intensiver um die Kinder kümmern könnten, so Müller.
Auch im benachbarten Junior-Club des SC Potsdam wurde ein Raum wie ein Wohnzimmer eingerichtet. „Einige der Kinder haben zu Hause kein Wohnzimmer“, sagte Klub-Leiter Jörg-Peter Schäperkötter. Etwa 60 Kinder betreut er mit seinem Team täglich in der Robert-Baberske-Straße in Drewitz, davon 30 in der so genannten „anderen Kinderbetreuung“ AKI. Die andere Kinderbetreuung gilt als Konkurrenzprogramm zum üblichen Hort, kostenlos für die Eltern und kostengünstiger für die Stadt. Durchgesetzt hat es sich dennoch nicht, wohl auch weil etablierte Hortträger in Potsdam bislang davon Abstand nehmen.
Auf seiner kleinen Rundreise durch Drewitz hatte Rupprecht auch Geld für die Babelsberger Goethe-Gesamtschule dabei. Knapp 500 000 Euro erhielt Bernd Rudolph aus den Händen des Ministers. Damit soll die beinahe 100 Jahre alte Sporthalle der Schule umgebaut und vergrößert werden. Als „Baustelle mit Schulbetrieb“ bezeichnete Rudolph, Schulleiter Potsdams einziger Einrichtung von der 1. bis zur 13. Klasse, seine Gesamtschule. Drei Maßnahmen würden derzeit laufen, der Sporthallenanbau soll im April 2008 beginnen. Das Geld stammt aus dem Bundesprogramm zum Ausbau von Ganztagsschulen, es ist die dritte Förderung für die Goethe-Schule aus diesem Programm. Rupprecht betonte, dass einige Schulen und Kommunen das Investprogramm anfangs nicht angenommen hätten. Inzwischen sei der Topf jedoch fast leer. Insgesamt 130 Millionen Euro hatte das Land Brandenburg aus dem Topf des Rot/Grünen-Projektes erhalten, im nächsten Jahr läuft die Förderung aus. Die Stadt selbst gibt aus dem Haushalt auch einen Teil dazu, so dass 671 000 Euro an der Sporthalle verbaut werden. Die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein begrüßte gestern die Sanierung der Goethe-Schule. Als ehemalige Babelsberger Schülerin freue sie darüber. Sie teilte mit, 21 Schulen der Landeshauptstadt hätten bislang von diesem Projekt profitiert.
Öffentliche Mittel in besonderen Größenordnungen stehen für den Neubau des Vereinshauses und Jugendklubs Offline im Kirchsteigfeld dagegen nicht zur Verfügung. Knapp eine halbe Million Euro fehlt derzeit für die Finanzierung des 1,9 Millionen Euro teuren Baus. Abstriche an Raumgrößen wollen SCP-Geschäftsführer Peter Rieger und Jugendklubleiter Schäperkötter aber nicht hinnehmen, weil sie sonst nicht optimal arbeiten könnten. Sie traten auch der Darstellung seitens der Verwaltung entgegen, der Verein hätte mit späten Forderungen den Baupreis in die Höhe getrieben. Vielmehr gestand die Sozialbeigeordneten Elona Müller gestern bei einem Treffen ein, dass es ungenaue Berechnungen seitens des Kommunalen Immobilienservices gegeben habe. Beispielsweise seien Abrisskosten und Zuschläge für zeitlich variierende Baumaßnahmen nicht berechnet worden. Rupprecht konnte beim Feilschen um das Geld nicht behilflich sein, er wolle allerdings prüfen lassen, ob Teile der Ausstattung durch das Land finanziert werden können. Bei der Besprechung Anwesende stellten sich dann aber doch die Frage, warum das Land ein Vereinshaus im Luftschiffhafen mit knapp zwei Millionen Euro fördert und auch ein Vereinshaus in der Waldstadt I mit zwei Millionen Euro unterstützt hatte.
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