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Gestaltung der Potsdamer Mitte: Festpreis statt Höchstpreis

Es geht weiter in Potsdams Mitte: Bald will die Stadt die nächsten Filetgrundstücke verkaufen. Dafür sollen neue Regeln gelten - damit auch günstige Wohnungen entstehen.

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Potsdam - Grundstücksverkäufe zum Festpreis statt gegen Höchstgebot, möglichst keine Erbbaurechte, keine Privilegierung von Genossenschaften: Nach dem parteiübergreifenden Kompromiss zur weiteren Entwicklung der Potsdamer Mitte haben die Bauverwaltung und der Sanierungsträger die Verfahren vorgestellt, mit denen die Grundstücke, auf denen noch die alte Fachhochschule steht, bebaut werden sollen. Das FH-Gebäude soll ab Herbst 2017 abgerissen werden. Zwei Wohn- und Geschäftskarrees sind dort vorgesehen, in den Plänen heißen sie Block III und IV.

Vor Journalisten sagte Sanierungsträger-Chef Bert Nicke am Freitag, die für den Verkauf an Investoren vorgesehenen Areale würden vor dem Verkauf von einem Gutachter bewertet und quasi mit einem Preisschild versehen. Eigentlich war geplant, sie zum Höchstgebot zu verkaufen. Da es sich aber um die letzten Filetgrundstücke in der Mitte handele, seien dennoch keine Schnäppchen zu erwarten, sagte Nicke. Kriterien für den Zuschlag an einen Investor seien jetzt aber zu 50 Prozent die Gestaltung – das ist speziell beim Block III vis á vis des Landtagsschlosses wichtig, weil dort drei barocke und damit aufwendige Leitfassaden an die Gestaltung der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Potsdamer Mitte anknüpfen sollen.

Man wolle zeigen, dass bei der Entwicklung der Mitte nicht nur das Geld regiere

Neben dem ästhetischen Aspekt wird bei der Vergabe auch zu 50 Prozent die geplante Nutzung bewertet – ob etwa Mietpreisgarantien gegeben werden, wie viele Sozialwohnungen geplant sind und ob öffentliche Einrichtungen für Kultur und Bildung zum Konzept gehören. Man wolle nicht nur Immobiliengesellschaften, sondern auch Bauherrengemeinschaften aus mehreren Familien am Aufbau beteiligen, machte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann deutlich. Mit den neuen Vergabekriterien wolle man zeigen, dass bei der Entwicklung der Mitte nicht nur „das Geld regiert“. Auch dank der vom Land in Aussicht gestellten Förderung von sozialem Wohnungsbau sei es möglich, dass im Sanierungsgebiet Mitte breite Schichten der Bevölkerung wohnen könnten.

Dafür hat auch ein im September gefundener Kompromiss gesorgt, an den Nicke und Goetzmann erinnerten. Vorher waren bei einem Bürgerbegehren „Gegen den Ausverkauf der Potsdamer Mitte“ innerhalb weniger Monate rund 15 000 Unterschriften gesammelt worden – allerdings erklärte die Stadt das Begehren später wegen formaler Fehler für ungültig. Dennoch hatte die Linke diesen Druck genutzt und unter anderem durchgesetzt, dass die Stadt ihre Bemühungen zum Abriss des Hotels Mercure einstellt.

„Vvielschichtige differenzierte Bauherrenschaft" soll ermöglicht werden

Eine weitere durchgesetzte Vorgabe war, dass mehrere Potsdamer Genossenschaften entweder Block III oder IV bauen dürfen. Dieser Punkt wird nun nur halb erfüllt: Stadt und Sanierungsträger wollen maximal drei benachbarte Grundstücke an einen Bieter geben, nicht einen kompletten Block. Damit wolle man eine „vielschichtige differenzierte Bauherrenschaft“ ermöglichen – nach dem Motto, dass Konkurrenz bei den Bauten letztlich auch mehr Qualität möglich macht. Einzig bei dem mit weniger Gestaltungsvorgaben versehenen Block IV könne ein Teil direkt an die Genossenschaften vergeben werden, heißt es in den Plänen zur Mitte, über die die Stadtverordneten erstmals am 7. Dezember beraten sollen. Nicke sagte, in den anderen Teilen des Blocks könnte etwa die kommunale Bauholding geförderte Sozialwohnungen bauen oder das Studentenwerk als Bauherr gewonnen werden, wie es aktuell gerade die SPD-Fraktion gefordert hat.

Trotz der Vorgaben der Stadt werde man sich zunächst für Block III bewerben, bestätigte Bodo Jablonowski von der „Karl Marx“-Genossenschaft am Freitag den PNN. Unter anderem liege bereits eine Machbarkeitsstudie vor. Ein Parallelszenario für Block IV existiere derzeit nicht, stellte er klar. Derzeit würden noch drei Genossenschaften um die Grundstücke mitbieten, wie Jablonowski sagte.

Scharfenberg: Bezahlbarer Wohnraum in der Innenstadt habe wieder eine Chance

Differenziert äußerte sich Linke-Oppositionschef Hans-Jürgen Scharfenberg zu den Plänen der Stadt. „Es hat sich einiges bewegt.“ So habe bezahlbares Wohnen in der Innenstadt nun wieder eine Chance. Mit Befriedigung nehme er auch zur Kenntnis, dass die Vergabe von Grundstücken mittels Erbbaurecht möglich wäre. Allerdings stellt die Stadt in ihrer Vorlage eindeutig klar, dass ein solches Vorgehen für Bieter „nicht attraktiv“ sei und deshalb die Vermarktungsfähigkeit der Grundstücke einschränke.

Auch in anderer Hinsicht werden sich die Stadtverordneten am 7. Dezember mit der Mitte beschäftigen. So fordert die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen ein Konzept für Baumpflanzungen für die neu entstehenden Straßen in der Innenstadt – für mehr Aufenthaltsqualität. SPD und CDU/ANW wollen zudem ein verbindliches Farbkonzept für die neuen Blöcke – um Irritationen wie zur Fassadenfarbe der Alten Post künftig zu vermeiden, wie es in dem Antrag der beiden Fraktionen heißt.

Zeit für Debatten ist jedenfalls noch viel: Bei Block III wäre Baubeginn ab Ende 2019, der Block IV würde aus logistischen Gründen noch später begonnen. Goetzmann bestätigte zudem, dass für den Block III sogar eine zweigeschossige Wohnbebauung der Innenhöfe möglich sei – um in dieser teuren Lage und wegen der umfangreichen Vorgaben möglichst viele Wohnungen zu schaffen, damit sich die Investitionen refinanzieren können.

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