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HEYES Woche: Festung Karli

Uwe-Karsten Heye über die Nebensache Fußball

Stand:

Im Karli darf am Sonntag Bier ausgeschenkt werden. Nein, Karli ist nicht die Kneipe um die Ecke. Potsdamer wissen, dass es sich dabei um das Karl-Liebknecht-Stadion handelt. Was beim Spiel gegen Braunschweig vor ein paar Wochen verboten und zuletzt auch den mitunter als gewalttätig geltenden Anhängern von Union Berlin verwehrt war, wird den Fans des Wuppertaler SV an diesem Sonntag nicht vorenthalten: Bier darf fließen. Ob das den Babelsberger Kickern hilft, um nach dem Auswärtserfolg vom vergangenen Wochenende erneut einen Dreier einzufahren? Die Wuppertaler gelten als friedlich, sodass eine Ausnahmegenehmigung möglich wurde vom grundsätzlich geltenden Alkoholverbot des Deutschen Fußballbundes für Fußballstadien der 1. bis 3. Liga. Ein größeres Sicherheitsrisiko sei nicht zu erwarten, so hören wir von den Verantwortlichen. Nun wissen wir, dass Fußball zwar ein Sportereignis ist, in erster Linie aber ein Geschäft. Der bezahlte Fußball ist auf Sponsoren angewiesen. Es herrscht harter Wettbewerb auf dem Fußballmarkt. Um Sponsoren zu behalten, müssen Siege her. Längst gehört es zum üblichen Bild, dass die Fans von der Polizei zum und vom Stadion begleitet werden, säuberlich nach Fangruppen getrennt, weil sonst Stammesfehden ausbrechen, die bürgerkriegsähnliche Formen annehmen können. Die Schlachten rund um die Fußballstadien der Republik erreichen kaum noch die Nachrichten. Nur wenn es über die Schnitt- und Schlagwunden der als Hooligans aus der Gesellschaft ausgegliederten Schlachtenbummler hinausgeht, wenn es dramatische Bilder von Barrikaden und aufgerissenem Straßenpflaster gibt, rauscht es in den Blättern und lassen genervte Sportreporter davon ab, alles irgendwie doch in Ordnung zu finden. Wenn im Karli gekickt wird verwandelt sich auch Babelsberg in eine Festung. Beim Spiel gegen Union Berlin waren 700 Polizisten im Einsatz. Darunter drei Hundertschaften aus Hessen, Niedersachsen und von der Bundespolizei. An Spieltagen wird abgesperrt und die Anwohner rund ums Stadion werden in Geiselhaft genommenen. Wir erinnern uns: Fußball war einmal die schönste Nebensache der Welt.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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