
© A. Klaer/ Promo
Von Henri Kramer: Feuer-Schock
Vor seinem ersten Mini-Festival hätte der Tumult e.V. fast seine Bühne in der Charlottenstraße verloren
Stand:
Es waren bange Stunden, die Florian Kraatz am Montag vor zwei Wochen erleben musste. Gerade hatte der 28-Jährige beim Mittagessen erfahren, dass es in der Charlottenstraße 31 gebrannt hat: In dem Haus befindet sich der Club Charlotte, in dem der Tumult e.V. des jungen Mannes regelmäßig Konzerte veranstaltet: „Ich dachte, scheiße, das war’s wohl erstmal.“
Seit etwas mehr als einem Jahr existiert der Verein mit einem schreienden Strichmännchen-Schlagzeuger in seinem Logo. Im Club Charlotte veranstaltet er inzwischen einmal im Monat ein Konzert mit Rock-Bands aus der Region, Aftershow-Party inklusive. Der Eintritt kostet fünf Euro, Fördermittel von der Stadt oder Sponsoren gibt es keine. 120 bis 150 Besucher kommen jedes Mal, ein Stammpublikum kristallisiert sich heraus. Dann kam der Brand. Zwei Wochen vor dem ersten Mini-Festival, das der Verein am kommenden Samstag veranstalten will. „Es bestand die bittere Möglichkeit, dass nichts mehr geht“, sagt Florian Kraatz.
Doch er hatte Glück. Das Feuer in der Charlottenstraße brach in einem Büro über dem Club aus, nur ein Teil der Backstage-Räume war angekokelt. „Die Leute im Club Charlotte haben uns kurz danach klar gesagt, dass sie alles unternehmen, damit unser Festival nicht ausfällt“, sagt Florian Kraatz. Er klingt dankbar. Denn einen Plan B hätte es nicht gegeben: „Wohin hätten wir denn ausweichen sollen?“
In der Tat scheint der Verein an die Charlottenstraße gebunden. Denn für Konzerte dieser Größe gibt es kaum Räume in Potsdam, zumal in der Innenstadt, so Florian Kraatz. Auch ins Waschhaus in der Schiffbauergasse will er nicht, dort findet er es inzwischen „zu steril und teuer“. Selbst die billigeren Clubs der linksalternativen Jugendszene kommen für den Tumult e.V. kaum als Veranstaltungsort infrage. „Das Verhältnis ist schwierig, weil wir uns auf Musik konzentrieren möchten und nicht politisch positionieren“, sagt Florian Kraatz, der wenig übrig zu haben scheint für typisch linke Themen wie Feminismus oder Kapitalismus-Kritik. Wichtiger sei den 14 Vereinmitgliedern im Alter von 20 bis 34 Jahren, dass „wir mit den Konzerten endlich die Chance haben, in Potsdam solche ’Kapellen’ zu sehen, die wir gut finden.“
Am Samstag ist es wieder soweit. Gleich vier Bands aus Potsdam und der näheren Umgebung sollen dann spielen. Die Klangvielfalt reicht von bedrohlich langsam walzendem Death Metal á la Sunna Sepdoom bis hin zu flockig-leichtem Indie-Rock der Marke Malmö FF. „Wir wollen bei unseren Veranstaltungen nicht auf bloß einen Stil festgelegt sein“, sagt Florian Kraatz. Und erzählt, wie cool es sein kann, wenn Fans verschiedener Musikrichtungen miteinander feiern.
Von den Tumult-Partys redet Florian Kraatz jetzt nach dem überstandenen Brand besonders gern, aber auch ganz gelassen. Erst ab Samstag, 22 Uhr, könnte er vielleicht nervös werden, falls noch nicht genug Gäste da sind, um die Unkosten zu decken: „Manchmal musst du schon etwas zittern, weil der Potsdamer zu Partys oft erst halb elf aufschlägt.“
Im Internet:
www.tumult-potsdam.de
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