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Das Studio Babelsberg gilt als Wiege des deutschen Films.

© Andreas Klaer

Film ab – aber nicht mehr in Deutschland: Ein transatlantischer Blick auf eine Industrie im Überlebenskampf

Ashley Rice ist Präsidentin von Cinespace Studios und Vorständin bei Studio Babelsberg. Sie drängt auf die Reform der Filmförderung – sonst verliere Deutschland als Standort für Produktionen. Ein Gastbeitrag.

Ashley  Rice
Ein Gastbeitrag von Ashley Rice

Stand:

Die deutsch-amerikanische Film- und Fernsehindustrie blickt auf eine lange und erfolgreiche Geschichte zurück, die eng miteinander verflochten ist. In den frühen Tagen Hollywoods wurden viele deutsche Einwanderer mit offenen Armen empfangen, als sie in Amerika neue Wurzeln schlugen und gemeinsam mit ihren amerikanischen Partnern die neue Welt des Filmemachens gestalteten.

In Deutschland wurden amerikanische Filmemacher über Jahrzehnte herzlich willkommen geheißen und die deutsche Filmindustrie profitierte in dieser Zeit von der Nähe zum amerikanischen Markt und dem Know-How-Transfer dank international renommierter Filmemacher. Oscar-prämierte Regisseure wie Steven Spielberg, Quentin Tarantino und Wes Anderson haben deutsche Drehorte und deutsche Talente in ihre Produktionen eingebunden und dabei Werke geschaffen, die das Publikum weltweit immer wieder in ihren Bann ziehen.

Studio Babelsberg ist seit über einem Jahrhundert ein verlässlicher Partner und Hafen für Filmschaffende aus aller Welt. Seit gut einem Jahr ist das Traditionsstudio ein Teil der globalen Plattform von Cinespace Studios, die weitere Filmstudios in den USA und Kanada betreibt. Als Vorstandsmitglied beider Unternehmen habe ich die große Ehre, diese besondere deutsch-amerikanische Filmtradition fortzusetzen.

Eine wichtige Säule fehlt

Deutschland bietet optimale Drehbedingungen, hoch qualifizierte Filmfachkräfte und eine hervorragende Studioinfrastruktur. Allerdings fehlt derzeit eine wichtige Säule, um sicherzustellen, dass Deutschland seine Wettbewerbsposition als weltweit führender Filmproduktionsstandort beibehält: Deutschland braucht dringend eine Reform seiner Filmförderung!

Heutzutage ist die Filmförderung ein wesentlicher Baustein jeder Film- und Serienfinanzierung. Über 120 Länder weltweit bieten attraktive Anreize für Filmproduzenten an. Daher ist es unerlässlich, dass auch Deutschland eine starke, verlässliche und wettbewerbsfähige Förderung in Form eines Steueranreizmodells anbietet. Nur so lassen sich zehntausende Arbeitsplätze in der deutschen Filmindustrie und signifikante wirtschaftliche und kulturelle Effekte für das Land langfristig sichern.

Alle wichtigen Verbände der deutschen Filmwirtschaft fordern seit langem eine steuerbasierte Filmförderung in Form von Steuergutschriften. Studien, etwa von der Beratungsgesellschaft Deloitte, haben nachgewiesen, dass durch jeden durch das Anreizmodell investierten Euro ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen von vier bis fünf Euro an zusätzlicher Bruttowertschöpfung entsteht.

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Die jetzigen starren Förderbedingungen und gedeckelte Fördertöpfe in Deutschland funktionieren nicht mehr im internationalen Wettbewerb. Früher lag unsere europäische Konkurrenz primär in London, Prag oder Budapest. Inzwischen haben Länder wie Spanien, Frankreich, Italien, Österreich und Polen das Rennen um attraktive Förderinstrumente aufgenommen – und Deutschland dabei überholt. Dies führt dazu, dass nicht nur internationale Produktionen, sondern zunehmend auch deutsche Projekte und Stoffe wie „Charité“, der Oscar-Gewinner „Im Westen nichts Neues“ oder aktuell „Hagen“ und „Der Medicus 2“ im Ausland realisiert werden.

Dieser Trend ist aus kultureller und wirtschaftlicher Sicht für Deutschland mehr als unglücklich – schließlich ist die Bundesrepublik der größte Markt für audiovisuelle Medien in Europa. Ist Deutschland damit einverstanden, seine weltweite Führungsposition in der Film- und Fernsehindustrie aufzugeben, die es im letzten Jahrhundert so stark mitgestaltet hat?

Deutschland hat jetzt die Chance, sich über eine umfassende Filmreform neu zu positionieren. Die Politik muss jetzt entscheiden, ob sie eine starke Filmwirtschaft in Deutschland habenmöchte. Nur so lassen sich talentierte Fachkräfte nach Hause zurückholen und in Deutschland entwickelte StoDe auch in Deutschland herstellen. Die Zukunft der kommenden Generationen von FilmschaDenden kann so nachhaltig sichergestellt und das Wirtschaftswachstum des Landes in den kommenden Jahren enorm vorangetrieben werden.

Unser Team in Babelsberg ist im kontinuierlichen Austausch mit den US-Studios und Streamern, die ihre Filme und Serien weltweit produzieren. Sie alle möchten die transatlantische Filmachse wiederbeleben und spannende Projekte nach Deutschland schicken. Die Zeit für eine Reform ist jetzt. Nur so können wir die Erfolgsgeschichte der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit fortschreiben – mit einem Happy End!

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