Landeshauptstadt: Filmstar aus England
Bei der Garagen-Rallye in der Berliner Vorstadt gingen 20 Autos an den Start, doch ausgerechnet eine Oldtimer-Feuerwehr blieb auf der Strecke
Stand:
Als am Sonntagvormittag der englische Lagonda-Rennwagen auf dem Gelände der Garage Du Pont in der Berliner Vorstadt eintrifft, ist er nicht zu überhören. Aber auch ohne sein Geknatter macht der knallrot glänzende Oldtimer sofort auf sich aufmerksam. Obwohl er mit seiner geringen Abfederung und den engen Sitzen kaum Komfort bietet und kein zuklappbares Dach Fahrer und Beifahrer schützen, ist das Interesse, einmal in dieses Auto zu klettern, groß. Gebaut in England in den 30er-Jahren schafft der Lagonda locker Landstraßentempo. „Es ist doch ein Rennwagen“, sagt sein Fahrer stolz. Ansonsten aber macht er aus so ziemlich allem ein Geheimnis, will weder seinen Namen noch den des Besitzers nennen. Nur so viel: Das Auto wurde aus England auf einem Hänger antransportiert, um in einem Film in Babelsberg mitzuspielen, und so wird es auch wieder seine Heimat erreichen.
Der Lagonda ist eines der 20 Autos der Oldtimer Rallye, die bereits zum 2. Mal von Du-Pont-Garagenbesitzer Kai Desinger veranstaltet wird. Die Teilnehmer begeben sich auf einen Rundkurs durchs Brandenburger Land und das Tempo richtet sich nach dem langsamsten Fahrzeug. Abends wird dann gemeinsam gefeiert. Diese Oldtimer-Rallye ist kein Rennen, sondern eine entspannte Ausfahrt. Man will ja auch gesehen werden. Bestaunt wurden die ganz unterschiedlichen Oldtimer aber auch schon vor dem Start und viele Potsdamer hatten extra einen Umweg eingelegt, um sie zu sehen.
Als eines der nobelsten Autos erwies sich ein Rolls Royce, Baujahr 1961, der dem Potsdamer Unternehmer Aloys Staub gehört. Sein Besitzer lässt sich seine Liebe zu den Oldies einiges kosten und hat sogar noch zwei andere in der Garage stehen. Sein Rolls sei ein Linkslenker, sagt Staub stolz. Auf dem Kontinent wolle natürlich niemand das Lenkrad auf der „falschen“, der englischen, Seite. Ja, teuer sei so ein Sonderfall, sehr teuer, gibt er zu. Ganz frisch aus Österreich importiert ist ein Porsche, Baujahr 1964, der seinen ersten öffentlichen Auftritt in Deutschland absolviert. Patrick Henkel vom Porsche-Zentrum Berlin-Potsdam will ihn verkaufen und nutzt die Gelegenheit, den roten Flitzer vorzustellen. Der Mercedes 300 SL, Baujahr 1957, ist dagegen fest in Bauunternehmerhand. Theodor Semmelhaack hat das teure Stück gekauft und seine Frau, der Ex-Erotikstar Annina Ucatis, hat ihn ebenfalls inzwischen ins Herz geschlossen.
Brandenburgs Ex-Sozialministerin und Bundestagsabgeordnete Dagmar Ziegler (SPD) nimmt mit einem etwas jüngeren Jahrgang vorlieb. Sie ist mit einem Mercedes-Cabrio, Baureihe von 1971 bis 1989, angereist. 40 000 Euro hat ihr Lebensgefährte Jürgen Blunck 2003 dafür auf den Tisch gelegt. Seither habe es bis auf kleine Reparaturen keine nennenswerten Schäden gegeben, betont sie. Als Oldtimer werde das Auto eher noch im Wert steigen. In den Bundestagswahlkampf zieht Ziegler allerdings gerade mit einem anderen Oldie: mit einer ausgedienten Feuerwehr. Sie liebe Feuerwehren, habe eine ganze Reihe Modelle und nun eine richtige. Ziegler setzt sich für die Stiftung „Familien in Not“ ein, die die Hälfte des Startgelds aller Teilnehmer an der Garagen-Rallye erhält. Eine Feuerwehr, die mitfahren sollte, streikte allerdings und gab noch vor dem Start den Geist auf. Mit ihr wollte ein gutgelaunter Noch-Ministerpräsident Matthias Platzeck eigentlich auf Tour gehen. Es sei ihm aber schon eine andere Mitfahrgelegenheit angeboten worden, sagte er lachend.
Nicht mitfahren wollte diesmal der türkische Botschafter Hüseyin Avni Kaslioglu. Sein Ford Prefect aus dem Jahr 1953 befinde sich gerade in der Werkstatt. Gekommen sei er trotzdem, weil er alte Autos toll finde und sich hier überhaupt wie zu Hause fühle. Der Botschafter sagt das nicht von ungefähr, denn er ist in Deutschland aufgewachsen, hat dann in der Türkei studiert und ist danach in der ganzen Welt unterwegs gewesen, aber erst 2011 wieder nach Deutschland zurückgekommen. Gekommen war auch der ehemalige russische Botschafter Vladimir Kotenev mit Ehefrau Maria und einem Jaguar, Baujahr 1964. Kotenev betreibt inzwischen in Berlin ein Consulting-Unternehmen. dif
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: