
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Fische direkt vom Fischer
Mario Weber feiert sein 20-jähriges Betriebsjubiläum mit Fisch, Fischersfrau und vielen Stammkunden
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Man sollte es nicht glauben, aber selbst nach 20 Betriebsjahren ist Potsdams einziger Berufsfischer Mario Weber für Touristen noch immer ein Geheimtipp. „Wenn Stadtführer in der Nähe des Stadtkanals auf meinen Betrieb verweisen, sind viele ganz erstaunt, dass es hier noch einen privaten Fischer gibt“, erzählt er. Auch in der Stadt beheimatete Fischliebhaber haben ihn oft nur durchs Hörensagen entdeckt. Jetzt hat er allerdings einen treuen Kundenstamm und auch die Wissenschaft schätzt seine Fachkenntnis. Dabei gehen der Fischer und sine Fru durchaus mit der neuen Zeit. Es gibt eine eigene Internetseite, auf der man alles Wissenswerte über Mario Weber, seinen Fischfang und die Angebote im Geschäft und in der Gastronomie erfährt.
Die Unkenntnis über Potsdams einzigen Fischer ist wahrscheinlich dem letzten Rest historischer Stadtmauer geschuldet, hinter der sich Mario Weber in der Fischerstraße versteckt. Doch wer die unscheinbare Holztür zu seinem Fischerhof durchschritten hat, dem öffnet sich ein sehr schönes rustikales Ambiente mit Tischen und Bänken auf der Terrasse und einem grünen Rasenabhang mit Blick auf die Havel. Gleich nebenan residiert die „Weisse Flotte“ und das Dampfschiff Gustav fährt gerade flankiert von anderen Booten mit Getute vorbei. Dass sein Fischerhof noch immer ein Geheimtipp ist, findet Weber ganz in Ordnung, denn er möchte die gemütliche Beschaulichkeit erhalten. In der Festwoche verlängert Weber jedoch seine Öffnungszeit von 12 bis 17 Uhr auf 19 Uhr und zum Fischerfest am kommenden Wochenende (18./19. Juni) ist schon ab 10 Uhr geöffnet. Ab Donnerstag wird Weber zudem eine Ausstellung über Potsdams Fischereigewerbe zeigen.
Das hat nämlich eine lange Tradition. Schon 1452 wird erstmalig die Vergabe von Fischereirechten erwähnt. Weber bekam seine gleich nach der Wende im Dezember 1990. Die Fischereigenossenschaft Werder, bei der er gelernt und nach Abschluss der Lehre 1979 gearbeitet hatte, ging in Liquidation. Da er aber Fischer mit Leib und Seele war und das auch bleiben wollte, musste er sich eigene Fischereirechte erkämpfen. Die hat er nun erworben für das Gebiet von der Glienicker Brücke bis zur Stadt Brandenburg und wird sie ein Leben lang behalten. Sie sind sogar vererbbar. Mit dem Start der Fischerei in eigener Regie hatte er Glück. Er konnte das Gelände und ein Gebäude hinter der Stadtmauer von der Genossenschaft übernehmen und ein Boot dazu. Den Fisch habe er beim Verkauf auf Mutters alter Küchenwaage abgewogen. „Und dann wurde eben immer wieder etwas Neues angeschafft“, sagt Mario Weber, als sei das alles wie von selbst gegangen. Als allererstes bekam das Fischerboot einen neuen Heckmotor. Die aus DDR-Produktion seien zum Fischen alle ungeeignet gewesen. Neue Kühlanlagen mussten installiert, neue Räucherofen angeschafft werden. Schnell wurde ein Laden ausgebaut, der aber 1998 schon wieder zu klein geworden war. Inzwischen gibt es einen neuen, größeren und zum Fischverkauf kam ein reichhaltiges Imbissangebot dazu. Auf Wunsch werden Feste wie Hochzeiten oder Geburtstage ausgerichtet.
Für Werbung, Ausstaffierung der Feste und die leckeren Suppenrezepte fühlt sich die Fischersfrau verantwortlich. Wer wem ins Netz gegangen ist, wollen allerdings weder Silke Byl noch der Fischer preisgeben. Aber Silke plaudert dann doch. Man kenne sich schon aus der Lehre, auch sie sei Binnenfischerin, arbeite aber nicht mehr in diesem Beruf. Man sei die ganze Zeit befreundet geblieben, habe sich neu ineinander verliebt und lebe nun seit fünf Jahren zusammen.
Mario Weber befragt, ob sich in den 20 Jahren eine Spezialität herausgebildet habe, lacht. „Meine Spezialität ist mein fangfrischer Fisch“, sagt er. Der Besatz an Fischen in der Havel sei gut, die Wasserqualität bestens und beim Aal zahle sich jetzt aus, dass jedes Jahr Jungfische künstlich eingesetzt worden sind.
Der Fischer im Netz
www.fischerhofpotsdam.de
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