Homepage: Fische lügen, wenn es um Sex geht
Biologen der Universität beobachteten Täuschungsmanöver im Paarungsverhalten von Fischen
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Lügen ist im Tierreich weiter verbreitet, als bisher angenommen. Nicht nur Menschen, Affen und Vögel sind dazu in der Lage, sondern sogar Fische.
Um für sich selbst ein besonders gebärfreudiges Weibchen zu ergattern, täuschen zumindest Zahnkärpflings-Männchen ihren Konkurrenten zunächst Interesse für weniger attraktive Partnerinnen vor. Das hat ein Forscherteam um den Biologen Martin Plath von der Universität Potsdam beobachtet. Sobald sie den Konkurrenten so auf die falsche Fährte gebracht haben, suchen sich die Fische ein Weibchen, das viele Nachkommen garantiert, wie die Forscher im US-Fachjournal „Current Biology“ (online vorab veröffentlicht) berichten.
Bislang hätten Wissenschaftler Täuschungsmanöver im Tierreich unter anderem beim Kampf um Nahrung beobachtet, nun sei erstmals nachgewiesen, dass auch bei der Partnerwahl gelogen wird. Die Potsdamer Biologen untersuchten dafür das Paarungsverhalten von zwei miteinander verwandten Zahnkärpflingsarten. Die nur wenige Zentimeter großen mexikanischen Süßwasserfische sind lebendgebärend. Während sich die eine Art sexuell fortpflanzt, vermehrt sich die andere über Jungfernzeugung. Männchen werden für die Befruchtung also eigentlich nicht gebraucht, allerdings löst erst die Anwesenheit von männlichem Sperma die Entwicklung der Nachkommen aus.
Da durch diese Jungfernzeugung immer nur Weibchen entstehen, müssen diese auf die Männchen der verwandten Art zurückgreifen. Die Männchen jedoch haben von diesem „Sex-Parasitismus“ nichts, da sie so nur ihr Sperma verschwenden würden ohne ihre Gene verbreiten zu können. Deshalb bevorzugen sie bei der Paarung die Weibchen ihrer eigenen Art und dann auch noch besonders große und gebärfreudige. Und deshalb starten sie ihre Täuschungsmanöver, erklären die Potsdamer Wissenschaftler.
Martin Plath und sein Team, in das er immer auch Studierende einbezieht, untersuchten zunächst die Partnerwahl von Männchen, wenn kein Konkurrent in der Nähe war. Biologiestudentin Stephanie Richter hat für ihre Examensarbeit das blitzschnelle Agieren der Tiere protokolliert. Wie erwartet, interessierten sich die Fische wesentlich stärker für die Weibchen ihrer eignen Art sowie für die größeren Exemplare, wenn ihnen zwei unterschiedlich große arteigene Weibchen präsentiert wurden. War jedoch ein Artgenosse in der Nähe, der sie beobachtete, änderte sich ihre „Vorliebe“ auf einmal. Dann interessierten sie sich anfänglich vor allem für die Weibchen, die sie vorher links liegen gelassen hatten, meistens jedoch ohne sich tatsächlich mit diesen zu paaren.
Die Forscher schlussfolgern aus diesem Verhalten, dass die Fische ihre männlichen Konkurrenten täuschen, damit diese ihr Sperma an die Weibchen verschwenden, mit denen sie gar keine oder weniger gemeinsame Nachkommen zeugen können. Die Lügner selbst können dann ihre ganze Zeugungspotenz auf Weibchen konzentrieren, die reichlich gemeinsame Nachkommen versprechen.
Stephanie Richter hat ihre Abschlussarbeit inzwischen erfolgreich verteidigt und wird nun als angehende Biologielehrerin ihren Schülern anhand ähnlicher Versuche, vielleicht sogar in einem schuleigenen Aquarium, die sexuellen Täuschungsmanöver der Zahnkärpflinge vorführen können. Unterdessen wird Biologe Martin Plath am biologischen Institut der Universität seine Untersuchungen fortsetzen, um herausfinden, ob vielleicht auch andere lebendgebärende Fischarten Sex-Lügner sind. dpa/ahc
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