Landeshauptstadt: Fischmarkt soll wieder öffnen
Potsdamer Verein setzt sich für Entwicklung von Kaliningrad ein
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Potsdamer Verein setzt sich für Entwicklung von Kaliningrad ein Von Erhart Hohenstein Die Mehrzahl der etwa 1,8 Millionen Einwohner von Kaliningrad und des gleichnamigen Oblasts (Gebietes) wird im Jahr 2005 die 750-Jahr-Feier der 1255 vom Deutschen Orden als Königsberg gegründeten und über Jahrhunderte zu Preußen gehörenden Stadt in sozialer Bedrängnis, aber auch voller Hoffnung begehen. Die Exklave, deren in der Sowjetzeit durch Rüstungsproduktion und große Militärstandorte geprägte Wirtschaft zusammengebrochen ist, könnte durch ihre Lage zwischen Polen, der Ostsee und Litauen zu einer Drehscheibe des Transits und des Handels zwischen der EU und Russland werden. So beurteilt die Entwicklungschancen auch eine Gruppe von Potsdamern, die am Wiederaufbau der Königsberger Altstadt mitwirken will. Dazu hat sie unter dem Vorsitz von Dirk Heinisch einen Verein Stadtentwicklung Kaliningrad gegründet. Als erstes hat der Verein eine Studie für den historischen Fischmarkt vorgelegt. Eine Wiederbebauung in historischen Formen könnte ihn erneut zu einer Touristenattraktion werden lassen. Dazu sind bereits historische Karten und Ansichten beschafft worden, auch eine Kalkulation liegt vor. Der stellvertretende Vereinsvorsitzende Bernhard Schmidt hat eine Simulation erarbeitet, wie die neue Marktbebauung aussehen könnte. Obwohl das Projekt von der Kaliningrader Stadtverwaltung begrüßt wurde, die zur 750-Jähr-Feier gern einen im Wiederaufbau befindlichen Fischmarkt vorweisen möchte, und auch von Brandenburgs Europaministerin Barbara Richstein politisch unterstützt wird, gestaltet sich die Verwirklichung schwierig. Der hohe Finanzbedarf, aber auch bürokratische Hemmnisse in Kaliningrad lassen eine baldigen Start eher unwahrscheinlich erscheinen, schätzt Bernhard Schmidt ein. Der Potsdamer Vermessungsingenieur geht jedoch davon aus, dass die Vorarbeiten des Vereins bei einem Wiederaufbau der Königsberger Altstadt eine wichtige Rolle spielen werden Dazu. gehören auch Vorschläge zur Gestaltung der Dominsel und des ehemaligen Schlossstandortes, der Ausbau de Seehafens, die Sanierung des Königsberg durchfließenden Flusses Pregel, die Modernisierung des Flughafens und die Anbindung des Ostseebades Pionersk (früher Neukuren). „Die Verwirklichung dieser Projekte könnte die alte europäische Kulturstadt Königsberg, die mit Namen wie Emanuel Kant verbunden ist, zu einem Brennpunkt des internationalen Tourismus machen“ schätzt Bernhard Schmidt ein. „Damit würde sich auch die Lebenslage seiner 400 000 Bürger wesentlich verbessern.“ Mit einem zweiten Projekt, das auf die Wiederbelebung der Landwirtschaft und die Verbesserung der Ernährung der Königsberger zielt, hat die Gruppe um Dirk Heinisch bereits handfestere Ergebnisse erreicht. Die von ihnen gegründete Agro-Syn Potsdam GmbH hat im Landkreis Prawdinsk (früher Friedland) 2500 Hektar brachliegenden Bodens gepachtet, um die Agrarproduktion anzukurbeln. Die Viehhaltung und der Anbau von Feldfrüchten sind im Oblast um Königsberg drastisch zurückgegangen, die Landtechnik ist veraltet, es fehlt an Lagermöglichkeiten und Verarbeitungsbetrieben. Das wirtschaftsschwache Gebiet ist deshalb zu teuren Importen von Lebensmitteln gezwungen. Agro-Syn will das Land durch Kleinpächter bewirtschaften lassen, wodurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Ihnen wird über eine Ausleihstation modernste Landtechnik zur Verfügung gestellt. Für die seit 15 Jahren unbestellten, ausgeruhten Äcker, die hohe Bodenwertzahlen wie in der Magdeburger Börde erreichen, ist kaum eine Düngung nötig, Angebaut werden sollen verschiedene Getreidearten, Kartoffeln und Zuckerrüben, später auch Gemüse. Für den Aufbau der Lagerhaltung und der Weiterverarbeitung könnten unter anderem leerstehende Panzerhallen ausgebaut werden. Ein erheblicher Teil der Erträge wird zu den landesüblichen Preisen der Bevölkerung angeboten, der andere Teil exportiert, was zur Stärkung der Wirtschaftskraft des Gebietes beitragen würde. Die Potsdamer ILB hat eine Förderung des Projekts signalisiert, außerdem käme Agro-Syn die durch die russische Regierung vorgenommene Ausweisung des Gebietes Kaliningrad als Sonderwirtschaftsgebiet mit Zollbefreiung zugute. Auch die Gespräche mit der Rayonverwaltung Prawdinsk verlaufen erfolgreich.
Erhart Hohenstein
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