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Landeshauptstadt: Fitness-Studio ist kein Wirtshaus

Verbraucherzentrale erwirkte Urteil: Getränke dürfen mitgebracht werden/Potsdams Studiobetreiber dulden das „zähneknirschend“

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Verbraucherzentrale erwirkte Urteil: Getränke dürfen mitgebracht werden/Potsdams Studiobetreiber dulden das „zähneknirschend“ Von Nicola Klusemann „Das Mitbringen von Speisen und Getränken ist verboten.“ Dieses in vielen Fitness-Studios angebrachte Verbot ist nicht mehr zulässlich. Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat im Sommer ein entsprechendes Urteil vor dem Oberlandesgericht erstritten. Wenn also künftig ein kraftstrotzender Fitness-Studio-Betreiber auf den Zettel an der Wand weist, weil ein Kunde an einer mitgebrachten Flasche nuckelt, kann der ihm ein Urteil entgegen halten. Eine kleine nicht repräsentative Umfrage der PNN unter Potsdamer Sportstudios zeigt aber, dass das Mitbringen von Getränken zwar generell erlaubt ist, aber eben nur geduldet wird. „Wir nehmen das zähneknirschend hin“, erklärte ein Trainer auf Nachfrage. Auf der anderen Seite seien die monatlichen Grundgebühren in seinem Unternehmen so gering gehalten, dass sich jeder die dort angebotenen Energydrinks leisten könne. „Das sehen wir nicht gerne“, sagte ein anderer Studiobetreiber, der auf die kostengünstigen Angebote seiner Getränkebar verweist. In einem dritten Fitness-Studio fällt die Auskunft unsicher aus. Ja, es gebe da jetzt eine neue Regelung, erklärt die Mitarbeiterin. Genaueres wisse sie aber nicht. Fitness-Studio Nummer vier kennt das Problem nicht. Hier werden den Mitgliedern kostenlose Getränke angeboten. Es sei gar nicht einzusehen, dass eine solche Klausel überhaupt in der Vielzahl aller Sportstudio-Verträge verankert sei, sagte Sabine Fischer, Juristen in der Landesgeschäftsstelle der Verbraucherzentrale. Das Gericht habe wohl auch deshalb ihrer Institution Recht gegeben, weil ein Fitness-Studio nun mal kein Wirtshaus sei. Und beim Sporttreiben sei es einfach wichtig viel zu trinken, ergänzte die Ernährungsberaterin der Verbraucherzentrale Veronika Wrobel. Je nach sportlichem Einsatz müsse man alle 20 Minuten mindestens ein Saftglas voll Flüssigkeit zu sich nehmen. Bei Preisen zwischen 1,20 und 2,50 Euro in den privaten Sportstätten ginge das erheblich ins Geld. Außerdem seien die dort angebotenen isotonischen Modegetränke vielfach gar nicht so gesund. Zusätze wie Farb- und Aromastoffe setzten die Qualität herab. Viel besser seien Saftschorlen – Apfelsaft und natriumreiches Mineralwasser im Verhältnis 1:1 gemischt. Das seien die besten Energielieferanten, so die Ernährungsberaterin. Beim Blick auf die Waage vor und nach einer Sporteinheit könnte jeder seinen persönlichen Flüssigkeitsverlust bemessen. Veronika Wrobel empfiehlt auch, eine halbe Stunde vor dem Muskeltraining etwas zu trinken. Die Rechtsberaterin Fischer warnt auch vor weiteren unzulässigen Klauseln in Sportstudio-Verträgen. So werde nicht immer der Datenschutz gewahrt, der krankheitsbedingte Kündigungsgrund ausgeschlossen oder bei Auslaufen stillschweigend nochmal der Vertrag um die alte Laufzeit verlängert. „Alles nicht zulässig“, rät die Fachfrau, vor dem Unterzeichnen mit den Fitness-Studio-Verträgen in eine der Beratungsstellen zu kommen. In Potsdam ist das Beratungszentrum der Verbraucherzentrale in der Ebräerstraße 8. Oftmals sei es aber nicht böse Absicht der Studio-Betreiber, vermutet die Juristen. Vielmehr würden die einzelnen Unternehmen bei Neugründung von der Konkurrenz abschreiben. „Damit übernehmen sie logischerweise auch alle unzulässigen Klauseln.“ Fitness-Studio-Inhabern rät sie deshalb, sich an ihre Branchenverbände zu wenden. Der Deutsche Sportstudio-Verband beispielsweise habe im Internet eine eigene Homepage und biete Musterverträge an.

Nicola Klusemann

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