
© Simon Riedel/UP
Forschung in Potsdam: Flächendeckender Einsatz
Potsdamer Wissenschaftler erforschen die Möglichkeiten von Drohnen. Sie können den teuren Einsatz von Hubschraubern ersetzen.
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Potsdam - Die Einwohner kehrten in ihr altes Dorf zurück, als die Russen sich nach dem Kalten Krieg aus Kirgistan zurückgezogen hatten. Aber dort lauerte der Tod. Als ein Berghang ins Rutschen geriet, starben 40 Dorfbewohner, berichtet Sigrid Roessner, Geologin am Geoforschungzentrum Potsdam (GFZ), bei einem Symposium der Universität Potsdam. „So etwas soll nicht noch einmal passieren. Darum vermessen und beobachten wir das Gelände mit Drohnen“, erklärt Roessner. Die Russen hatten die weiten, dünn besiedelten Landstriche Kirgistans mit Hubschraubern überflogen und Karten erstellt. Dörfer, die gefährdet erschienen, hatten sie umgesiedelt.
Nach dem Auseinanderbrechen der UDSSR und der Unabhängigkeit Kirgistans im Jahre 1991 aber fehlten dann auch die Mittel, um zuvor bestehende Verwaltungsstrukturen aufrechtzuerhalten. Die Geologie aber blieb die gleiche. „Es gibt dort viele plattentektonische Bewegungen“, so Roessner. Aber dem Staat fehle das Geld, die ländlichen Räume zu beobachten. Dementsprechend würde es immer wieder zu Erdrutschen kommen, die ganze Dörfer verschütten. Eine Beobachtung der Berge und Täler mit Hilfe von Drohnen könnte dies möglicherweise ändern.
Drohnen können nicht nur kriegerischen Zwecken dienen
Dass Drohnen nicht nur kriegerischen Zwecken dienen können, sondern zu erschwinglichen Preisen Film- und Fotoaufnahmen aus der Luft ermöglichen, beweisen zahlreiche Hobbypiloten, die ihre Fluggeräte über Stadt und Land kreisen lassen. Auch die Wissenschaft hat das bildgebende Potenzial der Multikopter erkannt. An der Universität Potsdam, am Forschungsschwerpunkt Erdwissenschaften, am GFZ, am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB): überall wird erforscht, welches neue Potential die leichtgewichtigen Flieger für die Wissenschaft bieten. „Der Schwerpunkt der Forschung und Anwendung von Drohnen liegt für die Geowissenschaften gegenwärtig in der Erstellung von dreidimensionalen Geländemodellen“, konstatiert Simon Schneider, Wissenschaftler beim Institut für Erd- und Umweltwissenschaften an der Universität Potsdam.
Die Wissenschaftler des ATB lassen Drohnen über Feldern kreisen, um zu ermitteln, wie weit sich der gefährliche Gelbrost ins Getreidefeld eingefressen hat. Dies ermögliche das frühzeitige Erkennen des Befalls und das rechtzeitige Ausbringen eines Gegengifts. Das Potenzial der relativ neu entwickelten Technik sei noch lange nicht ausgelotet, so Schneider. Erst im April dieses Jahres hätte der Gesetzgeber neue Richtlinien in Kraft gesetzt, um den Verkehr der frei fliegenden Flugobjekte zu regeln. „Für Drohnen, die mehr als fünf Kilo wiegen, benötigt der Pilot nun einen speziellen Befähigungsnachweis“, so Schneider. Weil aber der Fachbereich in Zusammenarbeit mit anderen Instituten die Anwendung von Drohnen in der Forschung vorantreiben wolle, suche man derzeit nach einer Möglichkeit, zusammen mit dem Modellfliegerverband und dem Bundesamt eine entsprechende Ausbildung und Schulung anzubieten.
Im Vergleich zu Hubschraubern und Flugzeugen sind Drohnen billig
Der Drohneneinsatz verspricht vielfältige Einsatzmöglichkeiten, auch in Bereichen, die erst einmal nicht naheliegend erscheinen: der Sportwissenschaft oder dem Informatikunterricht an Schulen. „Wir machen Luftaufnahmen von Sportlern und Verletzten und können so möglicherweise genauer ihre Bewegungsabläufe analysieren“, vermutet Schneider.
Raphael Zender, Mathematiker an der Universität Potsdam, hat ein Unterrichtsmodell entwickelt, das ebenfalls auf dem Einsatz von Drohnen basiert. „Wir lassen die Schüler Apps für Drohnen programmieren. Damit begeistern wird selbst solche Schüler für den Informatikunterricht, die vorher nichts mit Mathematik anfangen konnten“, sagt Zender. Allerdings ist der Drohneneinsatz in der Pädagogik nicht ganz billig, die Anschaffung entsprechender Geräte könne sich nicht jede Schule leisten. Mit ungefähr 3000 Euro beziffert Schneider die Anschaffungskosten einer wissenschaftlichen Drohne. Das Fluggerät, die Steuerung, die Programme, all das summiere sich. Dennoch ist die Anschaffung vergleichsweise billig, wenn sie entsprechende Flugaufnahmen aus Hubschraubern und Flugzeugen ersetzt. Auch die Steuerung der Geräte werde immer einfacher, so Schneider. Manche Programme reagierten schon auf bloße Fingerzeige. Hierfür allerdings benötigen sie entsprechende Programme und häufig auch eine Verbindung zum Internet. Die herzustellen kann allerdings gerade in Ländern wie Kirgistan schwierig werden. „Wenn die Drohne flog, hat sie prima funktioniert. Aber häufig ist die Verbindung zum Netz und damit zur Drohne zusammengebrochen“, erinnert sich Roessner.
Die Wissenschaftlerin zeigt ein Foto, auf dem eine Straße zu sehen ist, die durch eine bergige Anhöhe führt. Etwa zehn Meter davon entfernt sind Teile der Anhöhe von einem Erdrutsch in die Tiefe gerissen worden. „Sehen sie, diese Straße wird es voraussichtlich in zehn Jahren nicht mehr geben“, stellt die Potsdamer Geologin fest. Und die Straße führe zu einem Dorf, das ebenfalls von Erdrutschen bedroht sei. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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