Landeshauptstadt: Fleischwunde gefällig?
Beim Monster-College im Filmpark werden Laiendarsteller für die Horrornächte geschult
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Star-Visagist Andrej Baranow schaut seinem Model tief in die perfekt geschminkten Augen und fragt: „Was hältst du von einer kleinen Fleischwunde auf der Stirn?“ Vor ihnen im Saal sitzen am gestrigen Sonntag angehende Filmpark-Monster, die gleich lernen werden, wie man aus Papiertaschentüchern, Flüssiglatex und Haferflocken Schnitt- und Brandwunden bastelt. Es sieht aus wie in der Schule, nur dass auf den langen Tischen Spiegel und jede Menge professionelles Schminkzeug liegt. Der Schulungstermin ist Pflicht für die etwa 100 neuen Freizeit-Monster, die während der Horrornächte Ende Oktober im Babelsberger Filmpark auftreten und Besucher das Fürchten lehren wollen.
Unterstützt werden sie von etwa 80 alten Hasen, die zum wiederholten Mal dabei sind. So wie Ulf Blitz. Der 33-Jährige hat eine beachtliche Karriere hingelegt. Dieses Jahr ist er zum zweiten Mal dabei und hat es bereits auf das Werbeposter geschafft: als einer der Zwillinge Diedeldei und Diedeldum aus der Geschichte Alice im Wunderland. Vor zwei Jahren kam Ulf Blitz, im richtigen Leben Medizintechniker, als Besucher zu den Horrornächten, erzählt er in einer Schminkpause. Damals habe er die Monster gesehen und gedacht: Das kann ich besser. Drei Stunden dauert es bei ihm, bis Kostüm und Maske fertig sind, inklusive schlechter Zähne und blutigem Gesicht.
Wie jemand aussehen soll, entscheiden die gecasteten Laiendarsteller zusammen mit Andrej Baranow. Es muss zum Typ passen – und ins Gesamtkonzept. „Damit wir am Ende nicht 96 Freddy Kruegers rumlaufen haben“, sagt Baranow. Der 48-jährige Make-up-Künstler, der seit Jahren unter anderem die Berlinale-Stars aufhübscht, gehörte in den 90er-Jahren fest zum Filmpark-Team, jetzt lässt sich Baranow zumindest zu speziellen Anlässen blicken. „Ich kann hier das herausstellen, was ich sonst bei den Stars abdecken muss, Augenringe, Falten, Altersflecke“, sagt er schmunzelnd.
Viele der 18- bis 60-jährigen Monster-Models gehören zur Mittelalterszene oder sind Harry-Potter-Fans. Und die meisten sehen einfach nur ganz normal aus. In Zweierteams schminkt man sich gegenseitig, zwei junge Mädchen, eine selbstständige Fotografin und eine Studentin im Fach Soziale Arbeit, haben sich gerade kennengelernt. Eine von ihnen wird jetzt zu einem sehr blutigen Rapunzel.
Doch Zombies, Monster und Mumien müssen nicht nur gut aussehen. Im Studio eins findet zeitgleich Bewegungstraining für eine andere Gruppe statt. Tina Knaus vom Filmpark lässt die Darsteller immer neue Bewegungsmuster ausprobieren, sie sollen sich als Zombiekinder bewegen, sich anschleichen, das Besucher-Erschrecken üben und zu einem sehr psychedelischen Song tanzen. Der schlurfende Gang ist eine Pflichtübung, an der keiner vorbeikommt. Erwachsene Menschen, noch ungeschminkt, die heulen, kreischen, irre kichern oder effektvoll sterben – die Studiohalle wird zum Irrenhaus. Tina Knaus ist zufrieden. „Traut euch was, wechselt die Posen und denkt daran: Ihr habt in den Horrornächten vier Stunden Zeit zu spielen.“ Steffi Pyanoe
Horrornächte im Filmpark Babelsberg am 25., 26. und 31. Oktober und am 1. und 2. November für Besucher ab 16 Jahren
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