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Homepage: „Fließender“ Übergang

Glückliches Ende eines Bewerbungsmarathons: Anja Reischke machte sich als PR-Beraterin selbstständig

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Von dieser Bilderbuchkarriere hätte sich Anja Reischke bei ihrem Studienabschluss nicht träumen lassen: Ihre PR-Beratungsfirma „manaKomm“ läuft jetzt seit einem Jahr. Und zwar so erfolgreich, dass die 29-Jährige im September sogar noch einen Mitarbeiter einstellen konnte. Kürzlich berichtete die „Financial Times Deutschland“ über die Potsdamer Gründerin. Die Politikwissenschaftlerin, die in ihrer Freizeit gerne andere Kontinente bereist, arbeitet nebenbei an ihrer Dissertation über „Erfahrungstouristen“. Und engagiert sich ehrenamtlich: Im Vorstand des Landesverbandes für kulturelle Kinder- und Jugendbildung plant sie gerade einen Jugendkulturpreis. Zudem ist sie glückliche Mutter eines anderthalbjährigen Sohnes. „Ich bin total froh, dass alles wieder so rund geworden ist“, sagt sie, lehnt sich entspannt zurück und blinzelt in die Sonne. Sie erinnert sich an Zeiten, in denen es nicht so goldig aussah, in denen der von ihr gewünschte fließende Übergang vom Studium in den Beruf ins Stocken geriet.

2003, das Magisterzeugnis für Politikwissenschaft, Germanistik und Psychologie in der Hand, mit jeder Menge Erfahrungen aus Jobs und Praktika im Medienbereich im Gepäck, geht sie in die Bewerbungsphase. Sie schreibt Bewerbung um Bewerbung, „bei 70 hab ich aufgehört zu zählen“. Und ist dabei so flexibel, wie man es nur sein kann. Sie bewirbt sich bundesweit, bei PR-Agenturen, auf wissenschaftliche Stellen, in Ministerien. Je nach potentiellem Arbeitgeber sehen ihre Bewerbungsunterlagen „konventionell“ aus oder „außergewöhnlich“. Die Absolventin sitzt nächtelang, damit alles perfekt wird. Umsonst. Sie bekommt keine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Fast zwei Jahre lang geht das so. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich in dieser Zeit freiberuflich in verschiedenen Projekten, „manchmal drei Jobs gleichzeitig“. Als sie beim Arbeitsamt Weiterbildungskurse belegen will, bekommt sie eine Absage. Sie sei zu gut ausgebildet. Erneut schreibt sie sich an der Uni ein, hat die Idee zu ihrer Doktorarbeit, aber keine Finanzierung in Sicht. Natürlich habe sie damals an sich gezweifelt. „Hatten meine Eltern nicht doch Recht, dass Politikwissenschaft nicht das günstigste Studium ist?“ Heute kann die Jungunternehmerin erleichtert lachen: „Ich bin froh, da raus zu sein.“

Dass sich etwas ändern muss, wird ihr klar, als sie 2004 schwanger wird. Plötzlich hat sie ein viel größeres Sicherheitsbedürfnis, erzählt sie. Es habe ihr nicht mehr gereicht, nur zu wissen, wo das Geld für den nächsten Monat herkommt.

Da das Bewerbungsdesaster aussichtslos scheint, spielt sie mit dem Gedanken der Existenzgründung. Die werdende Mutter plant nun eine Firma, die die Öffentlichkeitsarbeit für mittelständische Unternehmen und Non-Profit-Organisationen übernimmt und Veranstaltungen oder Tagungen organisiert. Drei Monate nach der Geburt ihres Sohnes geht es im Frühjahr 2005 an die Feinplanung. Dabei habe ihr der Lotsendienst der Uni Potsdam „super geholfen“. So findet sie auch den Firmennamen, eine Zusammensetzung aus „Management und Kommunikation“. Im August 2005 meldet Anja Reischke schließlich ihr Gewerbe an. Den ersten Auftrag erhält sie durch private Kontakte: Sie erstellt eine Broschüre für den brandenburgischen Landesverband des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft (RKW). Seitdem arbeitet sie auch für die Kinder- und Jugendhilfe der Arbeiterwohlfahrt und die Landesarbeitsgemeinschaft politisch-kulturelle Bildung.

Die geborene Wittenbergerin ist heute rundum zufrieden. Sie mache genau das, was sie sich immer gewünscht, lange aber nicht getraut habe. Genug Zeit für die Familie bleibe bei ihren flexiblen Arbeitszeiten auch. Seit sie Mutter ist, falle ihr das Zeitmanagement sogar leichter, sagt sie. Den Erfolg versteht sie aber auch als Verpflichtung: „Ich denke, dass man einen Teil weitergeben muss“. Deshalb engagiert sie sich im Mentoring-Programm der Uni Potsdam, wo sie Studentinnen auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleiten will. Vielleicht kann sie helfen, den „fließenden Übergang“ zu erleichtern.

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