
© dpa
Asylbewerber in Potsdam: Flüchtlinge nicht in Gefahr
Nach den Vorfällen um ein Asylbewerberheim in Tröglitz hält die Stadt Potsdam an ihrem Sicherheitskonzept fest. Flüchtlinge werden zwar immer wieder angegriffen, es sind aber keine strafrechtlichen Vorfälle bekannt geworden. Landesweit gab es 23 Übergriffe.
Stand:
Potsdam - Flüchtlinge sind in Potsdam nach Ansicht der Stadt gut untergebracht und müssen kaum Brandanschläge wie in Tröglitz in Sachsen-Anhalt befürchten. Wie aus einer Antwort der Stadt auf eine PNN-Anfrage hervorgeht, sind in den vergangenen Monaten keine strafrechtlich relevanten Vorfälle in der Landeshauptstadt bekannt geworden. Es gebe keine Hinweise darauf, dass „die Sicherheit der hier lebenden Flüchtlinge aktuell gefährdet ist“, teilte Stadtsprecherin Christine Weber mit. Somit gebe es auch keinen Grund für gesonderte Überprüfungen der Unterkünfte. Weber zufolge gibt es in Potsdam für die neuen Flüchtlingsheime individuelle Sicherheitskonzepte, die in Zusammenarbeit mit dem Träger, Polizei und Feuerwehr sowie dem Sicherheitsunternehmen erstellt würden. Diese hätten sich bewährt.
Der Stadt zufolge sind derzeit drei Unternehmen für die Sicherheit in den acht Einrichtungen zuständig, unter anderem die CityControl GmbH mit Sitz in Berlin. Das Unternehmen wird vom Träger Internationaler Bund (IB) beauftragt, der die meisten Heime in Potsdam betreut. Weitere Firmen sind die AWO Potsdam Socialmanagement GmbH mit eigenem Wachschutzpersonal sowie die Firma GSE Protect mbH.
Mitarbeiter werden im sozialen Umgang geschult
Weber verwies zugleich auf die strengen Kontrollen, die ein Betreiber einer Asylunterkunft erfüllen müsse. Vor Inbetriebnahme müsse das jeweilige Konzept vorliegen. Dieses beinhalte Notrufverzeichnisse mit Meldeketten, Evakuierungs-, Brandschutz- und Bewachungsregelungen sowie Absprachen mit der Polizei. „Das Konzept muss zwingend die Zustimmung der örtlichen Polizeidienststelle erhalten“, hieß es. Auch die Mitarbeiter selbst würden regelmäßig durch externe Unternehmen überprüft und entsprechend zertifiziert. Das Verhalten der Mitarbeiter sei in eigenen Dienstanweisungen geregelt.
Die Mitarbeiter würden aber nicht nur für die Sicherheit zuständig sein, sagte die Betriebsleiterin für die Potsdamer IB-Heime, Carol Wiener, den PNN. Sie würden auch im sozialen Umgang mit den Flüchtlingen geschult.
Lob: "Das ist ein Verdienst der Stadt"
Auch der Verein Opferperspektive lobte grundsätzlich die Flüchtlingspolitik der Stadtverwaltung. So habe das Heim im Schlaatz einen guten Ruf, sagte Sprecher Hannes Püschel und fügte hinzu: „Auch ist die Infrastruktur hier gut, das ist ein Verdienst der Stadt.“
Allerdings würden selbst in Potsdam immer wieder Flüchtlinge angegriffen. Der Verein zählte im vergangenen Jahr in Potsdam sechs rassistische Angriffe gegen Ausländer, im Landkreis Potsdam-Mittelmark waren es zwei. Dabei seien die Täter nicht die „Neonazis in Bomberjacken“ gewesen, sondern eher die „Normalbürger“, betonte Püschel. „Die meisten Übergriffe passieren auf der Straße und nicht am Heim.“
Bester Schutz sei ein gutes gesellschaftliches Klima
Püschel riet zugleich davon ab, nun nach den Vorfällen zu Ostern in Tröglitz mehr Sicherheitspersonal vor den Unterkünften zu postieren. Der beste Schutz sei ein gutes gesellschaftliches Klima. In Tröglitz war in der Nacht zum Karsamstag ein Wohnhaus angezündet worden, in dem Flüchtlinge unterkommen sollten. Der parteilose Bürgermeister des Ortes war vor einem Monat zurückgetreten, da er sich durch Nazi-Hetze bedroht fühlte.
Landesweit verzeichnet das brandenburgische Innenministerium einen Anstieg bei der Zahl der Straftaten gegen Asylunterkünfte und Flüchtlinge. So wurden im vergangenen Jahr 14 rechtsmotivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte registriert. Es handelte sich um sieben Sachbeschädigungen, drei Körperverletzungen, zwei Volksverhetzungen, einen Hausfriedensbruch und eine Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Neunmal wurden zudem Asylsuchende außerhalb ihrer Unterkünfte angegriffen. 2013 wurden zehn Straftaten gegen Heime und drei gegen Flüchtlinge erfasst. Die Polizei habe nach den Vorgängen in Tröglitz die Sicherheitsbestimmungen überprüft und zum Teil ausgeweitet, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums mit. Details könnten aus Sicherheitsgründen aber nicht genannt werden. Die rechtsextreme NPD und andere Organisationen versuchten, wegen der stark ansteigenden Flüchtlingszahlen Ängste zu schüren. Bei einigen Gesinnungsgenossen der Rechtsextremisten breche sich nun ihre ausländerfeindliche Haltung „offenbar in Form von Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen Bahn“.
Unterdessen ging am Donnerstag der Prozess wegen Brandstiftung in einem geplanten Asylbewerberheim in Beelitz (Potsdam-Mittelmark) weiter. Vor dem Potsdamer Amtsgericht muss sich ein 30-Jähriger verantworten, der laut Anklage in der Neujahrsnacht 2013 in dem leer stehenden Gebäude der Beelitzer Heilstätten Feuer legte, um den Einzug von Flüchtlingen zu verhindern. Ein Urteil soll erst im Mai gesprochen werden.
Lesen Sie weiter: Die Geschichte eines Flüchtlings aus Syrien, der nun in Potsdam sein neues Leben beginnt >>
Stefan Engelbrecht, Björn Stelley
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: