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Schulen in Potsdam: Flüchtlingskinder sollen getrennt unterrichtet werden
Zuerst sollen Flüchtlingskinder gesonderten Unterricht bekommen, um später in reguläre Klassen zu wechseln. Viele Grundschulen finden diese Idee gut. Doch die wenigsten wollen diese umsetzen.
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Potsdam - An Potsdamer Schulen werden Flüchtlingskinder künftig stärker gesondert unterrichtet. Bereits nach den Winterferien soll in der Weidenhof-Grundschule eine sogenannte Vorbereitungsklasse eingerichtet werden. Auch am Oberstufenzentrum I in der Jägerallee ist die Errichtung einer Klasse nach diesem Modell geplant. Die Kinder und Jugendlichen erhalten demnach zunächst intensiven Deutschunterricht, bevor sie nach spätestens einem Jahr in reguläre Klassen wechseln. Die Stadt prüft derzeit, ob und ab wann auch an der Zeppelin-Grundschule sowie an der Grundschule im Bornstedter Feld je eine Extra-Klasse für ausländische Kinder eröffnet werden.
In Potsdam werden nach Angaben der Stadt in diesem Schuljahr 722 Schüler mit Migrationshintergrund unterrichtet, das entspricht einem Anteil von 4,7 Prozent der Gesamtschülerschaft. Bislang existieren mit der Da-Vinci-Gesamtschule in Potsdam-West und der Steuben-Gesamtschule im Kirchsteigfeld in der Stadt nur zwei Vorbereitungsklassen mit je knapp 20 Schülern. Schulleiter und Lehrer klagten jedoch bereits im November über zu große Klassen, fehlende Räumlichkeiten und Personal (PNN berichteten). An Grundschulen verzichteten Stadt und Schulamt bislang auf Vorbereitungskurse. Kinder im Grundschulalter werden in der wohnortnahen Schule unterrichtet, um, so die Argumentation, eine bessere Integration zu ermöglichen.
Nur wenige Schulen wollen Vorbereitungsklassen einrichten
Nun hat eine Umfrage der Verwaltung unter Potsdams Schulen ergeben, dass eine große Mehrheit der Grundschulen eine Vorbereitungsklasse für sinnvoll erachtet. Die Frage „Wäre Ihre Schule bereit, eine schulübergreifende Vorbereitungsklasse zu führen“, bejahten hingegen nur drei Schulleiter. Lediglich die Grundschule am Humboldtring als auch die Grundschule am Priesterweg und die Weidenhof-Grundschule haben sich bereit erklärt, eine Vorbereitungsklasse einzurichten. Die Stadt hat außerdem Gespräche mit der Zeppelin-Schule und der Schule im Bornstedter Feld geführt. In beiden Gebieten werden in diesem Jahr die meisten Flüchtlinge erwartet. Allein im Potsdamer Norden sollen bis zu 260 Asylbewerber untergebracht werden. Es sei wichtig, sagt Petra Rademacher von der städtischen Schulverwaltung, die Vorbereitungsklassen in dem Einzugsbereich der Flüchtlingsunterkünfte zu errichten.
Der Großteil der ankommenden Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter, so die Verwaltung, sei zwischen sechs und zwölf Jahre alt und muss demnach in Grundschulen beschult werden. Insgesamt rechnet die Stadt für 2015 mit 56 neuen schulpflichtigen Flüchtlingen, 44 davon im Primarbereich, im Jahr zuvor waren es 44 – 35 von ihnen bis zu zwölf Jahre alt. Es sei aus pädagogischen Gründen problematisch, sagt Schulamtsleiter Eckhard Dörnbrack, in bestimmten Abständen immer wieder neue Kinder in die regulären Klassen aufzunehmen. Vor allem bei einer höheren Zahl an Neuankömmlingen sei es effektiver, Extra-Klassen einzurichten.
Fortbildung nötig, um mit traumatisierten Kindern umzugehen
Allerdings müssten dafür auch neue Räumlichkeiten an den jeweiligen Schulen bereitgestellt werden. An der Weidenhof-Grundschule haperte es vor allem daran. Inzwischen sei die Raumproblematik gelöst, sagt Rademacher. Eine neue Klasse könne sofort errichtet werden. Es fehle aber noch zuständige Lehrkraft. Derzeit laufe die Ausschreibung für die Lehrkraft, so Rademacher. Nach den Winterferien, ist sich Schulrat Dörnbrack sicher, könne die erste Vorbereitungsklasse in einer Grundschule in der Stadt an den Start gehen.
Insgesamt scheinen laut der Umfrage der Schulverwaltung fehlende Räume für die Schulleiter das geringste Problem zu sein: Die Potsdamer Schulen fordern mehr Fortbildungen, um mit traumatisierten Kindern umzugehen. Auch sollte die Stadt unkomplizierter Dolmetscherdienste ermöglichen. Vor allem mangele es an Lehrern und zusätzlichen Stunden für den Unterricht von Deutsch als Zweitsprache. „Die Rückmeldung der Schulen war eindeutig: mehr Lehrer“, sagt Fachbereichsleiterin Rademacher.
"Land stiehlt sich aus der Verantwortung"
„Derzeit steht nicht genügend Personal zur Verfügung“, räumt auch das Bildungsministerium auf eine Kleine Anfrage der CDU ein. Ab Juni dieses Jahres stünden rund 50 Absolventen einer Weiterbildung für Deutsch als Fremdsprache zur Verfügung, im Frühjahr darauf weitere 59 – allerdings brandenburgweit. Für den Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs, ist das zu wenig. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres bezifferte Fuchs den Bedarf an zusätzlichen Lehrern für Flüchtlingskinder mit 150 bis 200 zusätzlichen Stellen.
„Das Land stiehlt sich massiv aus der Verantwortung“, kritisiert der CDU-Abgeordnete Steeven Bretz. Die Schulen wüssten nicht, wie sie die Stunden bereitstellen sollen. „Die Probleme, die es vor Ort gibt, sind gar nicht bei der Landesregierung angekommen“, sagt Bretz. Das Ministerium wiederum verweist darauf, dass die Schulen nicht alle bereitgestellten Möglichkeiten nutzen würden.
Grit Weirauch
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